1. Betreuungsbehördengesetz
Die Betreuungszahlen sind in den letzten Jahren dramatisch gestiegen. Durch das geplante Gesetz zur Stärkung der Funktionen der Betreuungsbehörde (BT Drucks. 17/13419) soll der steigenden Zahl durch die Stärkung des Erforderlichkeitsgrundsatzes in der praktischen Anwendung begegnet werden.
In seinem Beitrag "Magische Zahlen im Betreuungsrecht" (NJW 2014, 3703) schildert Coeppicus in mehreren Tabellen die große Zahl der Betreuungsfälle und erörtert die Gründe und die Versuche des Gesetzgebers.
2. Genehmigung des Abbruchs lebenserhaltender Maßnahmen
Durch das am 1.9.2009 in Kraft getretene Patientenverfügungsgesetz (BGBl I, S. 2286) ist eine umfassende betreuungsrechtliche Neuregelung einer am Patientenwillen orientierten Behandlungsbegrenzung erfolgt. Die Nichteinwilligung des Betreuers in einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute aufgrund des Abbruchs der Maßnahme stirbt (§ 1904 Abs. 2 BGB).
Der Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme bedarf jedoch dann nicht der betreuungsgerichtlichen Genehmigung, wenn der Betroffene einen entsprechenden eigenen Willen bereits in einer wirksamen Patientenverfügung niedergelegt hat und diese auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutrifft.
Der BGH (FamRZ 2014, 1909 m. Anm. Spickhoff = NJW 2014, 3572 = MDR 2014, 1319 = ZAP F. 1, S. 239 = ZAP EN-Nr. 809/2014) hat sich zu dem Problemkreis eingehend geäußert und ausgeführt, dass für die Feststellung des behandlungsbezogenen Parteiwillens strenge Beweismaßstäbe gelten, die der hohen Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter Rechnung zu tragen haben. Für die Verbindlichkeit des tatsächlichen oder mutmaßlichen Willens eines akut einwilligungsunfähigen Betroffenen komme es nicht auf die Art und das Stadium der Erkrankung an. Das Vorliegen einer Grunderkrankung mit einem irreversibel tödlichen Verlauf sei nicht Voraussetzung für den zulässigen Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen. Bei der Feststellung des Willens sei auch nicht danach zu differenzieren, ob der Tod des Betroffenen unmittelbar bevorsteht oder nicht.
3. Unterbringung zur Heilbehandlung
In Fortführung seiner Rechtsprechung hat der BGH (FamRZ 2014, 1694 = NJW 2014, 3301 = FuR 2014, 713 – Bearb. Soyka = MDR 2014, 1205; vgl. BGH FamRZ 2013, 1726 = ZAP F. 1, S. 211 = ZAP EN-Nr. 711/2014) entschieden, dass – wenn der Betroffene sich nicht behandeln lassen will – die Genehmigung der Unterbringung zur Durchführung einer Heilbehandlung gem. § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB, nur zulässig ist, wenn die Voraussetzungen für die Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vorliegen und diese rechtswirksam genehmigt wird. Vor Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme muss aber ernsthaft und mit dem nötigen Zeitaufwand versucht werden, den Betroffenen von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen und seine auf Vertrauen gestützte Zustimmung zu erreichen.
In einer Besprechung des Urteils "Betreuung und ärztliche Zwangsmaßnahmen" (ZAP F. 11 R, S. 865) hebt Sarres hervor, dass es sich bei der ärztlichen Zwangsbehandlung wegen ihres erheblichen Eingriffs in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit immer nur um die "ultima ratio" handeln kann.
Die Ernsthaftigkeit des Überzeugungsversuchs durch eine überzeugungsfähige und -bereite Person ohne Ausübung unzulässigen Drucks hat das Gericht in jedem Einzelfall festzustellen und in seiner Entscheidung in nachprüfbarer Weise darzulegen (BGH FamRZ 2014, 1358 m. Anm. Spickhoff, FamRZ 2014, 1338 = NJW 2014, 2497 = MDR 2014, 900 = FuR 2014, 538 – Bearb. Soyka = FamRB 2014, 386 m. Hinw. Moll-Vogel).
4. Betreuerbestellung
a) Ausschluss freier Willensbestimmung
Gegen den freien Willen eines Volljährigen darf ein Betreuer grundsätzlich nicht bestellt werden. Neben der Notwendigkeit der Maßnahme ist stets zu prüfen, ob die Ablehnung der Betreuung auf einem freien Willen beruht (BGH FamRZ 2014, 647; s. Stollenwerk ZAP F. 11 R, S. 890). Der BGH (FamRZ 2014, 1626 = ZAP F. 1, S. 181 = 608/2014) hat hierzu betont, dass die Feststellungen zum Ausschluss der freien Willensbestimmung durch ein Sachverständigengutachten belegt sein müssen.
b) Psychische Erkrankung
Kann der Betroffene aufgrund einer psychischen Erkrankung seine Angelegenheiten hinsichtlich des Aufgabenkreises des Gesundheitswesens nicht selbst besorgen, so ist ihm hierfür grundsätzlich auch dann ein Betreuer zu bestellen, wenn er die notwendige Behandlung ablehnt (BGH FamRZ 2014, 1997 m. Anm. Bienwald = NJW 2014, 3515 = MDR 2014, 1322).
c) Persönliche Anhörung und Untersuchung
Vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts hat das Gericht gem. §§ 278, 280 FamFG den Betroffenen persönlich anzuhören und sich von ihm einen persönlichen Eindruck zu verschaffen. Die Grundzüge der persönlichen Anhörung sind in § 34 FamFG geregelt, der, wie der BGH (FamRZ 2014, 1543 m. Anm. Fröschle = NJW 2014, 2788 = FuR 2014, 587 – Bearb. Soyka = MDR 2014, 1207; im Anschluss an BGH FamRZ 2010, 1650) klarstellt, auch in diesen Verfahren anzuwenden ist. Das Gericht darf unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 S. 1 FamFG ausnahmsweise von der persönlichen...