aa) Allgemeines
Von der Frage der grundsätzlichen Zuordnung einer Einnahme oder eines Vermögensgegenstands zu den Anrechnungsvorschriften für Einkommen oder Vermögen zu unterscheiden ist die Frage, ab wann diese Einnahme oder dieser Vermögensgegenstand tatsächlich angerechnet werden kann. Das kann nach der neueren BSG-Rechtsprechung erst dann geschehen, wenn die Einnahme oder der Vermögensgegenstand als bereites Mittel für den Lebensunterhalt zur Verfügung steht (BSG, Urt. v. 12.6.2013 – B 14 AS 73/12 R [zust. zur Vorinstanz LSG NRW, Urt. v. 6.8.2012 – L 19 AS 771/12: Krutzki ASR 2013, 22]; ebenso schon BSG, Urt. v. 25.1.2012 – B 14 AS 101/11 R [hierzu Groth jurisPR-SozR 15/2012 Anm. 1; Doering-Striening ZErb 2014, 105–115; abl. Wettlaufer VSSR 2013, 1–45; zu Auswirkungen auf andere Rechtsbereiche Soyka FuR 2013, 51. Wie das BSG LSG HE, Urt. v. 29.10.2012 – L 9 AS 357/10; anders bei Testamentsvollstreckung SG Osnabrück, Urt. v. 18.9.2012 – S 16 AS 191/11. Nachweise entnommen aus Pattar JbdSozR 35 [2014], 269 Fn 154). Diese Grundsätze wirken sich wie folgt aus:
bb) Erbschaft/Testamentsvollstreckung
Eine Erbschaft ist nach der Rechtsprechung des BSG (einmaliges) Einkommen – das nach § 11 Abs. 3 SGB II anzurechnen ist – und nicht Vermögen. Als bereites Mittel steht solches Einkommen zur Verfügung, wenn etwa die Erbengemeinschaft auseinandergesetzt oder wenigstens zum Verbrauch geeignete Mittel freigegeben hat. Eine Erbschaft ist erst dann als Einkommen anrechnungsfähig, wenn sie "versilbert" ist.
So kann eine Anrechnung einer Erbschaft nur in dem Umfang erfolgen, in dem sie nicht durch eine dauerhafte Testamentsvollstreckung beschwert ist (BSG, Urt. v. 17.2.2015 – B 14 KG 1/14 R). Dabei kann das Jobcenter von den Leistungsberechtigten nur dann ein Vorgehen gegen die Testamentsvollstreckung erwarten, wenn es sie durch eine qualifizierte Beratung hierzu in die entsprechende Lage versetzt hat.
Steht eine Erbschaft deshalb nicht zur Verfügung, weil der auf das Konto des Leistungsempfängers überwiesene Betrag von der Bank mit bestehenden Verbindlichkeiten verrechnet wird, so mindert dies nicht die Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens. Es ist gleichwohl nach Maßgabe der Bestimmungen in § 11 Abs. 3 S. 1, 2 SGB II anzurechnen (BSG, Urt. v. 29.4.2015 – B 14 AS 10/14 R, s. hierzu Padé juris PR-SozR 24/2015, Anm. 2).