1. Berufskrankheitenrecht
In mehreren Entscheidungen setzte sich das BSG mit der BK 2108 ("Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugenhaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können") auseinander. Dort ist strittig, ob die jüngsten Konsensempfehlungen zur Ermittlung der Gesamtbelastungsdosis, das Mainz-Dortmunder-Dosismodell, noch dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entsprechen. Das BSG hat sich in mehreren Entscheidungen darauf zurückgezogen zu akzeptieren, dass Tatsachengerichte nachvollziehbare Erfahrungssätze zur Ausfüllung der unbestimmten Rechtsbegriffe dort heranziehen. Es geht dabei ausdrücklich das Risiko ein, dass unterschiedliche LSG unterschiedliche Erfahrungssätze ableiten und appelliert an den Verordnungsgeber, hier Abhilfe zu schaffen (BSG, Urt. v. 23.4.2015 – B 2 U 10/14 R; Urt. v. 23.4.2015 – B 2 U 6/13 R; Urt. v. 23.4.2015 – B 2 U 20/14 R).
2. Hilfsmittelrecht
Entscheidungen des BSG zu Hilfsmitteln geben selten Anlass zum Jubeln. So meint das BSG in einer Entscheidung zur Perückenversorgung, es sei nicht geschlechtsdiskriminierend, wenn Männer mit vollständigem Haarverlust nur unter strengeren Voraussetzungen als Frauen eine Perücke beanspruchen könnten. Auch ein Gleichbehandlungsgebot von GKV-Versicherten und Beihilfeberechtigten bestehe nicht (BSG, Urt. v. 22.4.2015 – B 3 KR 3/14 R).
Das BSG hält zudem weiter an der Unterscheidung zwischen mittelbarem und unmittelbarem Behinderungsausgleich fest. Daher muss sich ein rollstuhlfahrender Pflegeversicherter wegen Fahrten zur Tagespflege auf einen Fahrdienst verweisen lassen statt einen Autoschwenksitz erhalten zu können, mit dessen Hilfe er selbstständig mit seiner Pflegeperson hätte dorthin fahren können. Das gelte auch dann, wenn der Versicherte wegen Zuzahlungspflicht den Fahrdienst nicht nutzen wolle. Kritik an seiner Rechtsprechung reicht das BSG an den Gesetzgeber weiter (BSG, Urt. v. 25.2.2015 – B 3 KR 13/13 R).
3. Sozialversicherungsrechtlicher Reha-Anspruch
Auch voll erwerbsgeminderte Menschen, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) tätig sind, haben Anspruch auf medizinische Leistungen, um das für eine Tätigkeit in einer WfbM und damit die Versicherungspflicht in der Renten- und Krankenversicherung erforderliche Restleistungsvermögen zu erhalten oder nach einer Krankheit wiederherzustellen. Der Anspruch hierauf richtet sich jedoch nicht gegen den Träger der Rentenversicherung, sondern gegen die Krankenkassen als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung. Das liegt daran, dass rentenrechtlich die Erwerbsminderung beseitigt werden können müsse, damit ein Rehabilitationsanspruch besteht, während das krankenversicherungsrechtlich nicht erforderlich sei (BSG, Urt. v. 16.6.2015 – B 13 R 12/14 R).