Ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts kann durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden (öffentlich-rechtlicher Vertrag), soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Insbesondere kann die Behörde, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit demjenigen schließen, an den sie sonst den Verwaltungsakt richten würde, § 54 VwVfG.
Beispiele:
- Erschließungsvertrag,
- Stellplatzablösevertrag,
- (sozialrechtliche) Eingliederungsvereinbarung,
- denkmalschutzrechtlicher Sanierungsvertrag.
Der Vertragsgegenstand und der objektive Inhalt seiner Rechtsfolgen sind entscheidend für die Abgrenzung zu privatrechtlichen Verträgen. Auf das subjektiv gewollte Vertragsziel kommt es demgegenüber nicht an.
Hinweis:
Besteht ein Vertrag aus öffentlich-rechtlichen und auch privatrechtlichen Teilen, handelt es sich insgesamt immer um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, auch wenn der privatrechtliche Teil dominiert.
Unterschieden werden koordinationsrechtliche und subordinationsrechtliche Verträge. Vertragspartner koordinationsrechtlicher Verträge sind verschiedene Träger der öffentlichen Verwaltung. Zwischen diesen Trägern können Rechtsbeziehungen nicht durch einen Verwaltungsakt begründet werden. Subordinationsrechtliche Verträge sind durch ein Über-Unterordnungsverhältnis zwischen den Vertragsparteien (i.d.R. Verwaltung – Bürger, aber auch Verwaltung – Verwaltung) gekennzeichnet.
Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist schriftlich zu schließen, soweit nicht durch Rechtsvorschrift eine andere Form vorgeschrieben ist, § 57 VwVfG. Ein Vertrag, der den Erfordernissen der Schriftform nicht genügt, ist gem. § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 125 BGB nichtig (Kopp/Ramsauer § 58 Rn 14 m.w.N.).
Beispiel:
Dem Schriftformerfordernis für den öffentlich-rechtlichen Vertrag ist auch in Bezug auf die an die Behörde zu erbringende Gegenleistung erfüllt, wenn sich im Text der Vertragsurkunde ein Anhaltspunkt findet, aufgrund dessen im Zusammenhang mit den Umständen des Vertragsabschlusses die Gegenleistung und ihr Zweck durch Auslegung ermittelt werden können (BVerwG, Urt. v. 15.12.1989 – 7 C 6.88).
Die Wirksamkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrags kann von der Zustimmung eines Dritten oder einer anderen Behörde abhängen. Nach § 58 VwVfG gilt, dass ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, der in Rechte eines Dritten eingreift, erst wirksam wird, wenn der Dritte schriftlich zustimmt. Wird anstatt eines Verwaltungsakts, bei dessen Erlass nach einer Rechtsvorschrift die Genehmigung, die Zustimmung oder das Einvernehmen einer anderen Behörde erforderlich ist, ein Vertrag geschlossen, so wird dieser erst wirksam, nachdem die andere Behörde in der vorgeschriebenen Form mitgewirkt hat.
Hinweis:
Fehlen eine notwendige Zustimmung oder Mitwirkung, ist der Vertrag schwebend unwirksam.
Beispiel:
Eine Sondernutzungsvereinbarung mit einem Zweckverband, nach der dieser auf bestimmten öffentlichen Flächen Sammelcontainer aufstellen und dies unter Wahrung des Vertragszwecks Dritten gestatten darf, ist mit Blick auf die weitreichenden Auswirkungen für das Stadtbild kein Geschäft der laufenden Verwaltung. Ein solcher öffentlich-rechtlicher Vertrag ist nur wirksam, wenn er durch den Gemeinderat konzipiert bzw. genehmigt wird. Fehlt diese Genehmigung oder ein entsprechendes Konzept, ist die Sondernutzungsvereinbarung gem. § 58 VwVfG unwirksam und kann nicht zur Grundlage einer Versagung von Sondernutzungserlaubnissen gegenüber Dritten gemacht werden (VG Trier, Urt. v. 8.12.2014 – 6 K 410/14, ZAP EN-Nr. 363/2015).