Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden, § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG.
Hinweis:
Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG ist dem Grundgesetz keine allgemeine Verpflichtung der vollziehenden Gewalt zu entnehmen, rechtswidrige belastende Verwaltungsakte unbeschadet des Eintritts ihrer Bestandskraft von Amts wegen oder auf Antrag des Adressaten aufzuheben (vgl. BVerfGE 116, 24, 55; 117, 302, 315). Dies gilt auch für bestandskräftige Verwaltungsakte, deren Rechtsgrundlage gegen Verfassungsrecht verstößt (vgl. BVerfGE 20, 230, 235 f.; BVerfG, Beschl. v. 30.1.2008 – 1 BvR 943/07).
Nach § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG kann aber ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen rechtswidrigen Verwaltungsakts bestehen, wenn zum Zeitpunkt seines Ergehens an dem Verstoß gegen formelles oder materielles Recht vernünftigerweise kein Zweifel bestand und sich deshalb die Rechtswidrigkeit aufdrängte (BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 – BVerwG 6 C 32.06).
Für begünstigende Verwaltungsakte wird der "Grundsatz der freien Rücknehmbarkeit" modifiziert: Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist i.d.R. schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann, § 48 Abs. 2 VwVfG. Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Abs. 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist.
Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts rechtfertigt, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle, dass der Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt wurde, § 48 Abs. 4 VwVfG. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die weiteren für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.12.1984 – BVerwG 1 und 2.84, BVerwGE 70, 356). Erkennt eine Behörde nachträglich, dass sie den beim Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts vollständig bekannten Sachverhalt unzureichend berücksichtigt oder unrichtig gewürdigt und deswegen rechtswidrig entschieden hat, beginnt die Jahresfrist nicht etwa bereits mit dem Erlass des Verwaltungsakts sondern frühestens mit dem Zeitpunkt, in dem die Behörde die Rechtswidrigkeit ihrer Entscheidung erkannt hat. Nach § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG muss die Behörde nämlich Kenntnis von Tatsachen erhalten, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts rechtfertigen. Zur Rechtfertigung der Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts gehört aber – neben weiteren Voraussetzungen – die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, der zurückgenommen werden soll (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.12.1984 – BVerwG 1 und 2.84, a.a.O., S. 356–358).