Die Anzahl der im vergangenen Jahr 2016 bei der Schlichtungsstelle der Anwaltschaft eingegangenen Anträge ist nur leicht gestiegen, dafür konnte die Zahl der den Parteien unterbreiteten Schlichtungsvorschläge deutlich gesteigert werden; sie stieg um 40 % im Vergleich zum Vorjahr. Dies meldete die Schlichtungsstelle kürzlich in ihrem jährlichen Tätigkeitsbericht.
Die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft vermittelt seit nunmehr sechs Jahren Streitigkeiten über das Rechtsanwaltshonorar und/oder Schadensersatzforderungen wegen vermeintlicher Schlechtleistung zwischen Rechtsanwälten und ihren (ehemaligen) Mandanten. Seit dem vergangenen Jahr ist sie auch Verbraucherschlichtungsstelle im Sinne des neuen Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (VSBG). Sie unterbreitet den Parteien ihre Schlichtungsvorschläge i.d.R. innerhalb von 90 Tagen nach Eingang der vollständigen Beschwerdeakte, d.h. nach Eingang der Stellungnahmen beider Parteien und Vorliegen aller erforderlichen Angaben sowie Unterlagen für die rechtliche Beurteilung der Streitigkeit. Wenn ein Ablehnungsgrund im Sinne der Satzung der Schlichtungsstelle vorliegt, lehnt die Schlichtungsstelle die Durchführung des Schlichtungsverfahrens i.d.R. innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang bzw. nach Kenntnis des Ablehnungsgrundes ab.
Wie die neue Statistik ausweist, lag die Annahmequote der Schlichtungsvorschläge in 2016 bei ca. 61 %. Insgesamt sind von Januar bis Dezember 1.010 Anträge auf Schlichtung gestellt worden, knapp 5 % mehr als im Vorjahr. Die überwiegende Anzahl der Anträge betraf das allgemeine Zivilrecht, gefolgt vom Familienrecht und dem Erbrecht, danach dem Miet- und WEG-Recht, Arbeitsrecht sowie Bank- und Kapitalmarktrecht.
Die mit Abstand meisten Anträge (138) kamen aus dem Kammerbezirk Berlin, obwohl dieser nicht der mitgliederstärkste in Deutschland ist. Die mitgliederstärksten Kammern München und Frankfurt/M. verzeichneten 84 bzw. 58 Schlichtungsanträge. Wenig Arbeit bescherten der Schlichtungsstelle auch die Rechtsanwaltskammer des Saarlandes und diejenige beim BGH: Aus dem Saarland kamen nur vier Anträge, vom BGH – wie schon im Jahr 2012 – gar keiner.
In ihrem Tätigkeitsbericht weist die Schlichtungsstelle auch darauf hin, dass seit dem 1.2.2017 für alle Rechtsanwälte die Pflicht besteht, nach Entstehen einer vermögensrechtlichen Streitigkeit aus dem Mandatsverhältnis, also bei Streit über Gebührenrechnungen und/oder Schadensersatzforderungen wegen vermeintlicher Schlechtleistung, ihre Mandanten, die Verbraucher sind, in Textform auf die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft und deren Anschrift sowie Website hinzuweisen, wenn eine Beilegung dieser Streitigkeit nicht ohne Hilfe gelingt (vgl. dazu auch schon ZAP Anwaltsmagazin 3/2017, S. 95).
Etwas ratlos zeigt sich die Schlichtungsstelle angesichts des Umstands, dass seit dem Inkrafttreten des VSBG die Anzahl der Fälle angestiegen ist, in denen die Antragsgegner – also i.d.R. die Rechtsanwälte – die Mitwirkung verweigern. Sie vermutet eine der Ursachen in den neuen ausführlichen Hinweispflichten der Schlichtungsstelle gegenüber den Parteien bei Beginn des Schlichtungsverfahrens. Insbesondere scheine der ausdrückliche Hinweis auf die Möglichkeit der Ablehnung des Schlichtungsverfahrens auf einige Beteiligte "fast wie eine Aufforderung zur Ablehnung der Mitwirkung" zu wirken.
[Quelle: Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft]