1. Rechtsnatur
Die Vertragsstrafe ist in den §§ 339–345 BGB geregelt. Nach der Definition des § 339 BGB setzt die Vertragsstrafe das Versprechen der Zahlung von Geld für den Fall der ausbleibenden oder unzureichenden Erfüllung einer Hauptverbindlichkeit voraus. Der Vertragsstrafeanspruch ist also stets auf die Zahlung von Geld gerichtet. In diesem Inhalt des Anspruchs unterscheidet er sich von Konstellationen, in denen – z.B. für den Fall rechtzeitiger Zahlung – eine Belohnung in Form eines Teilverzichts vereinbart wird ("Verfallklausel mit Belohnungscharakter", vgl. BGH NJW 2010, 859; OLG München NJW-RR 1998, 1663); allerdings sind die Regeln über die Vertragsstrafe, z.B. die Herabsetzung gem. § 343 BGB, wegen der weitgehend gleichläufigen Interessenlage zumindest stellenweise auf Verfallklauseln anzuwenden (BGH NJW 1968, 1625; NJW-RR 1993, 464, 465). Das Vertragsstrafeversprechen ist stets unselbstständig, nämlich von einer Hauptverbindlichkeit abhängig, wobei die Hauptverbindlichkeit auf ein Tun oder auf ein Unterlassen gerichtet sein kann. Ist die Hauptverbindlichkeit, z.B. wegen Formmangels, nicht gegeben, so besteht auch der akzessorische Vertragsstrafeanspruch nicht (§ 344 BGB). Diese Akzessorietät trennt die Vertragsstrafe vom Reugeld (§ 353 BGB), das gerade nicht auf die Erfüllung einer Hauptverbindlichkeit zielt, sondern dem Schuldner die Möglichkeit gewähren soll, sich von einer Verbindlichkeit zu lösen.
Praxishinweis:
Bei der Prüfung, ob eine Vertragsstrafeklausel vorliegt, sollte der Praktiker nicht am Wortlaut haften. Insbesondere sollte er nicht isoliert darauf abstellen, ob eine Zahlung versprochen wird, sondern die Interessenlage ergründen. Zeigt diese Parallelen zum Vertragsstrafeversprechen, so ergeben sich aus den besonderen Schutzvorschriften der Vertragsstrafe, wie z.B. den §§ 343 und 555 BGB, zusätzliche Verteidigungsmöglichkeiten.
2. Notwendige Vertragserklärungen von Gläubiger und Schuldner
Wie schon aus der Stellung der Vertragsstrafe im 3. Abschnitt des Allgemeinen Teils des Schuldrechts deutlich wird, entsteht der Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nicht durch eine einseitige Erklärung des Schuldners, sondern durch einen zwischen Schuldner und Gläubiger geschlossenen Vertrag. § 339 BGB und § 12 UWG, wo nur von einem "Versprechen" bzw. der "Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung" die Rede ist, sollen also nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Zustandekommen einer rechtswirksamen Vertragsstrafevereinbarung auch eine Erklärung des Gläubigers voraussetzt. Gläubiger und Schuldner können sich grundsätzlich formfrei erklären. Im praktisch wichtigsten Fall, nämlich im Zusammenspiel mit einem Unterlassungsversprechen, bedarf die Gesamterklärung des Schuldners (aber nicht des Gläubigers!) der Schriftform, da das Unterlassungsversprechen ein abstraktes Schuldversprechen ist und somit nach § 780 BGB der Schriftform bedarf.
Hinweis:
Anderes gilt nur für Kaufleute, die sich nach §§ 350, 343 HGB formfrei unterwerfen können, das Versprechen aber auf Verlangen des Gläubigers schriftlich bestätigen müssen (BGH NJW 1990, 3147 – Unterwerfung durch Fernschreiben).
3. Auswirkung auf die Wiederholungsgefahr, Entstehung des Anspruchs auf Vertragsstrafe
Trotz der Notwendigkeit der Vertragserklärung des Gläubigers kommt bereits dem alleinigen Vertragsstrafeversprechen des Schuldners in bestimmt gelagerten Fällen eine rechtliche Wirkung zu: Obwohl mit ihr noch kein Unterlassungsvertrag zustande kommt, lässt bereits die einseitige mit einer Vertragsstrafe bewehrten Unterwerfungserklärung als solche die Wiederholungsgefahr entfallen (BGH GRUR 2006, 878, Rn 20 – Vertragsstrafevereinbarung). Die Geltendmachung eines Anspruchs auf Zahlung einer Vertragsstrafe setzt hingegen das rechtswirksame Zustandekommen eines Unterlassungsvertrags durch Erklärungen beider Parteien voraus.
Praxishinweis:
Gläubiger sollten deshalb darauf achten, die – ggf. modifizierte – Unterlassungserklärung des Schuldners nachweisbar anzunehmen; problematisch kann aus Nachweisgründen insbesondere die Annahme per Telefax sein, da hier durch den OK-Vermerk kein Zugangsnachweis zu führen ist (vgl. BGH NJW 2013, 2514; BGH, Urt. v. 21.7.2011 – IX ZR 148/10).
Ein Anspruch auf Zahlung von Vertragsstrafe besteht grundsätzlich, d.h. wenn der Unterlassungsvertrag dies nicht ausnahmsweise anders regelt, erst für solche Verstöße, die nach dem Zustandekommen des Unterlassungsvertrags erfolgt sind (BGH GRUR 2006, 878, Rn 20 – Vertragsstrafevereinbarung). Wird im Unterlassungsvertrag hingegen eine Rückwirkung vorgesehen, kann dies eine Einordnung als Garantieversprechen oder eine ihm ähnliche Erklärung nahelegen (BGH NJW 1988, 2536, 2537).