1. Abfindungsvergleich mit Ratenzahlungsvereinbarung
Getreu der allgemeinen Lebensweisheit "Schuster bleib bei Deinem Leisten" sollte man arbeitsrechtliche Abfindungsvergleiche, die eine gewisse Komplexität aufweisen, nicht ohne eine dem Abschluss zeitlich vorangehende Konsultation eines fachkundigen Steuerberaters abschließen. Zuweilen fehlt Arbeitgebern im Rechtsstreit die erforderliche Liquidität, um einen Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozess durch Einmalzahlung abzufinden. Die Parteien verständigen sich dann auf eine Ratenzahlung des Abfindungsbetrags gekoppelt mit einer sog. Verfallsklausel. Insoweit schreibt das Leben Fälle, die man sich nicht besser ausdenken könnte, um die Schwierigkeiten der steuerrechtlichen Umsetzung von Ratenzahlungsvergleichen im Kündigungsschutzprozess darzustellen (vgl. LAG Köln, Beschl. v. 5.9.2018 – 2 Ta 165/18; vorgehend ArbG Köln – 10 Ga 89/18 u.a.; hierzu Riemer DB 2018, 2939; ders. ArbRAktuell 2019, 61). Den Hintergrund bildete folgender Prozessvergleich: "Die Arbeitgeberin verpflichtet sich, an den Arbeitnehmer in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG eine Abfindung i.H.v. 9.000 EUR brutto zu zahlen. Der Abfindungsanspruch ist entstanden und vererblich. Der Beklagten wird nachgelassen, die Abfindung in monatlichen Raten zu je 1.000 EUR zu zahlen. Die Zahlung der ersten Rate erfolgt zum 1.5.2018. Die weiteren Raten werden sodann jeweils zum Ersten des folgenden Monats fällig. Kommt die Beklagte mit der Zahlung einer Rate länger als eine Woche in Verzug, so ist der dann noch offene Betrag in voller Summe fällig und wird mit Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verzinst."
Die Arbeitgeberin setzte diesen Vergleich durch ihren Steuerberater wie folgt um: Sie berechnete den Steueranteil aus den 9.000 EUR Bruttolohn. Dieser setzte sich zusammen aus 4.050 EUR Lohnsteuer, 364,50 EUR Kirchensteuer und 222,75 EUR Solidaritätszuschlag, zusammen 4.637,25 EUR. Es verblieben netto 4.362,75 EUR. Diesen Betrag dividierte sie durch neun, was 484,75 EUR ergab, und zahlte fortan neun gleiche Teilbeträge binnen einer Woche nach dem jeweiligen Monatsersten an den Arbeitnehmer aus. Die Lohnsteuer i.H.v. 4.637,25 EUR zahlte sie am 15.6.2018 an das Finanzamt. Bereits am 11.6.2018 beantragte der Arbeitnehmer einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss i.H.v. 8.063,05 EUR, da er die Voraussetzungen der Verfallsklausel als gegeben ansah, der am 29.6.2018 antragsgemäß erlassen wurde. Mit einem Arrestantrag (§ 916 ZPO) begehrte die Arbeitgeberin die Rückführung des unrechtmäßig vollstreckten Geldes. Im Wege der sofortigen Beschwerde (§ 78 ArbGG) hatte das LAG Köln über die Abweisung der Arrestanträge in erster Instanz zu entscheiden. Es gelangte zu dem Ergebnis, dass der Wortlaut des Abfindungsvergleichs auf dreierlei Weise ausgelegt werden könne und wies das Rechtsmittel zurück. Die folgenden drei Varianten sind dem LAG Köln zufolge denkbar:
- Jeweils zum Monatsersten zahlt der Arbeitgeber den Nettobetrag aus 1.000 EUR an den Arbeitnehmer und die jeweiligen Steuern daraus an das Finanzamt, also 1/9 aus 4.637,25 EUR an die Finanzverwaltung und 1/9 aus 4.362,75 EUR an den Arbeitnehmer. Dann müsse, um die Verfallsklausel nicht auszulösen, aber auch die abzuführende Lohn- und Kirchensteuer nebst Solidaritätszuschlag – zusammen monatlich 515,25 EUR – jeweils binnen einer Woche nach dem Monatsersten an die Finanzverwaltung abgeführt werden.
- Zum Erhalt der steuerlichen Begünstigung nach dem "Fünftelungsprinzip" wird die Bruttosumme auf einmal versteuert, die Steuerlast i.H.v. 4.637,25 EUR auf einmal an das Finanzamt abgeführt und der Nettorestbetrag in neun gleichen monatlichen Raten von 484,75 EUR an den Arbeitnehmer ausgezahlt. Dies setze voraus, um die Verfallsklausel nicht eintreten zu lassen, dass die Steuern gleichwohl bis zum 7. des jeweiligen Kalendermonats, in dem der jeweilige Nettobetrag fällig wird, beim Finanzamt ankommen – also gleiche Fälligkeit für die Steuerlast wie unter 1.
- Ferner könne es auch so sein, dass die Parteien vereinbart hätten, dass der Arbeitgeber die Steuern vorab an das Finanzamt zahlt und den Nettobetrag i.H.v. monatlich 1.000 EUR an den Arbeitnehmer abführt, da die Parteien nicht auch die Anzahl der Raten hatten protokollieren lassen – also ab dem 1.5. viermal 1.000 EUR an den Arbeitnehmer, mit einer Schlussrate von 362,75 EUR. Bis wann die Steuerlast zu zahlen wäre, lässt das LAG offen: Wahrscheinlich wohl auch jeweils bis zum 7. des jeweiligen Kalendermonats, in dem die Nettoraten von 1.000 EUR fällig würden.
Der Fall zeigt anschaulich, welche praktischen und rechtlichen Schwierigkeiten Abfindungsvergleiche bereiten und auf welches Glatteis sich Arbeitgeber bei Ratenzahlungsvereinbarungen begeben können. Der Wortlaut des Vergleichs war von der Vorsitzenden Richterin abgefasst worden, die diese Weiterungen wohl auch nicht ahnte (Riemer DB 2018, 2939; ders. ArbRAktuell 2019, 61).
Praxishinweis:
Wie das LAG Köln in seinem Folgebeschluss vom 1.10.2018 (2 Ta 165/18) zutreffend ausführt, ist letztlich die K...