1. Saldoklage
Die Grundmiete und die Betriebskostenvorauszahlungen stellen für jeden Monat eine selbstständige Forderung und keine Kontokorrentforderung dar. Außerdem kann der Mieter auch noch Einmalzahlungen schulden, wie Betriebskostennachzahlungen, Schadensersatz und Prozesskosten. Das bedeutet: Jede diese Forderungen kann ein eigenes Schicksal erleiden, z.B. durch Tilgung. Insofern muss für jede Zahlung entschieden werden, wie diese zu verrechnen ist. Hierdurch können sowohl Zulässigkeits- wie auch Begründetheitsprobleme bei einer Klage entstehen. Die Klage ist nur zulässig, wenn sich aus der Klagebegründung ergibt, welcher Anspruch denn nun rechtshängig geworden ist. Hier wird insbesondere von Großvermietern häufig nicht sauber vorgetragen, wenn schlicht Mieterkontoblätter vorgelegt werden, mit denen die Vermieter und ihre anwaltlichen Vertreter Gesamtrückstände geltend machen, ohne auf die juristischen Unterscheidungen groß zu achten.
Bei der Begründetheit der Klage ist dann zu überprüfen, ob unter Berücksichtigung der Zahlungen dieser durch Auslegung ermittelte Streitgegenstand ggf. durch Erfüllung untergegangen ist. Der BGH hat Anfang letzten Jahres hier schon die maßgeblichen Kriterien herausgearbeitet (BGH NZM 2018, 444 = WuM 2018, 373 = MDR 2018, 785 = MietPrax-AK § 253 ZPO Nr. 4 m. Anm. Börstinghaus; Börstinghaus LMK 2018, 405944; Harsch MietRB 2018, 161; Selk NZM 2018, 453; Bacher MDR 2018, 779; BGH WuM 2018, 278 = NZM 2018, 454 = MietPrax-AK § 253 ZPO Nr. 3 m. Anm. Börstinghaus; Harsch MietRB 2018, 129; Börstinghaus jurisPR-BGHZivilR 10/2018 Anm. 2). Nunmehr hat der Senat diese Rechtsprechung für einen Fall fortentwickelt, in dem für einzelne Monate eine Minderung der Miete eingetreten war. Ein Mietkontoauszug, in dem die "gewährten Minderungsbeträge" jeweils den betreffenden Monaten zuordnet und eine Verrechnung nach § 366 Abs. 2 BGB der Zahlungen in den einzelnen streitgegenständlichen Monaten zunächst auf die geschuldeten Vorauszahlungen und i.Ü. auf die geschuldete Grundmiete vornimmt, reicht danach für die Zulässigkeit einer sog. Saldoklage aus (BGH MietPrax-AK § 253 ZPO Nr. 5 m. Anm. Börstinghaus).
2. Beweisaufnahme
Die Zurückweisung einer beantragten Zeugenvernehmung wegen Ungeeignetheit des Beweismittels kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es völlig ausgeschlossen erscheint, dass diese Vernehmung sachdienliche Erkenntnisse erbringen kann; weder die Unwahrscheinlichkeit der Tatsache noch die Unwahrscheinlichkeit der Wahrnehmung der Tatsache durch den benannten Zeugen berechtigen den Tatrichter schon dazu, von der Beweisaufnahme abzusehen (BGH MietPrax-AK § 373 ZPO Nr. 1 m. Anm. Börstinghaus; Schwenker jurisPR-BGHZivilR 4/2019 Anm. 3).
3. Einstellung der Zwangsvollstreckung
a) Nichtzulassungsbeschwerde
Der Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. § 719 Abs. ZPO unterliegt im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren dem Anwaltszwang nach § 78 Abs. 1 S. 3 ZPO. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Partei für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt hat (BGH WuM 2018, 726 = GE 2018, 1457 = NZM 2019, 90 = MietPrax-AK § 719 ZPO Nr. 37 m. Anm. Börstinghaus).
b) Räumung einer Mietwohnung
Hat der zur Räumung einer Mietwohnung verurteilte Schuldner in der Berufungsinstanz einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 Abs. 1 ZPO nicht gestellt, ist eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 719 Abs. 2 ZPO durch das Revisionsgericht i.d.R. ausgeschlossen. Dies gilt auch dann, wenn das Berufungsgericht im Rahmen seines Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit rechtsfehlerhaft § 713 ZPO angewandt und eine Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO nicht ausgesprochen hat. Denn diese entfällt – anders als im Fall des § 712 Abs. 1 ZPO –, wenn der Gläubiger seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, und schützt damit den Wohnraummieter nicht vor dem (endgültigen) Verlust der Wohnung (BGH GE 2019, 187 = NZM 2019, 141 = MietPrax-AK § 719 ZPO Nr. 38 m. Anm. Börstinghaus; Dötsch MietRB 2019, 43).
c) Aussicht auf Erfolg
Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung kommt nur in Betracht, wenn das Rechtsmittel Aussicht auf Erfolg hat (BGH WuM 2018, 726 = GE 2018, 1457 = NZM 2019, 90 = MietPrax-AK § 719 ZPO Nr. 37 m. Anm. Börstinghaus). Erforderlich hierfür zunächst die Zulässig der Nichtzulassungsbeschwerde, wozu eine Beschwer von mehr als 20.000 EUR erforderlich ist.
4. Beschwer
a) Zeitmietvertrag
Behauptet der Mieter einen formunwirksamen Zeitmietvertrag und eine Einmalzahlung, ist zur Ermittlung der erforderlichen Beschwer gem. § 26 Nr. 8 EGZPO eines Räumungsverfahrens die behauptete Zahlung auf die behauptete Laufzeit des Vertrags zu verteilen und mit 42 Monaten zu multiplizieren (BGH WuM 2018, 726 = GE 2018, 1457 = NZM 2019, 90 = MietPrax-AK § 719 ZPO Nr. 37 m. Anm. Börstinghaus).
Literaturhinweis:
Zu den Voraussetzungen, Rechtsfolgen und Problemkreisen des Zeitmietvertrags gem. § 575 BGB s. Caspers ZAP F. 4, S. 1767.
b) Unbezifferter Zahlungsanspruch
Macht ein Kläger einen unbezifferten Zahlungsanspruch unter Angabe eines Mindestbetrags geltend, so ist für seine Beschwer als Rechtsmittelkläger nicht von der tatsächlichen Höhe des Anspruchs, sond...