Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat sich Mitte Februar nur teilweise zustimmend zu den Reformplänen des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) für ein neues Wohnungseigentumsgesetz (vgl. dazu zuletzt Anwaltsmagazin ZAP 2019, S. 942) geäußert. In seiner offiziellen Stellungnahme zum Referentenentwurf warnt er insb. vor erheblichen Risiken für die Wohnungseigentümer und kritisiert die geplante Beschneidung von Anwaltsgebühren.
Die WEG-Reform beinhalte, so der DAV, einen Paradigmenwechsel in Richtung Gesellschaftsrecht, der für alle Beteiligten erhebliche Veränderungen mit sich bringe. Die Wohnungseigentümer würden künftig in weiten Bereichen ein Wohnungseigentum vorfinden, das sich von dem, das sie bisher hätten, deutlich unterscheide. Der Einzelne werde stark geschwächt, mit Leichtigkeit überstimmt und müsse daher viel mehr aufpassen. Ob eine dahingehende gesetzliche Änderung bei den Wohnungseigentümern als den am meisten betroffenen Personen auf Verständnis oder sogar Zustimmung stoßen werde, könne kaum angenommen werden. Denn der damit verbundene individuelle Rechtsverlust und das deutlich gestiegene finanzielle Risiko dürften kaum erklärbar sein.
Das WEG werde künftig dem Gesellschaftsrecht angenähert. Die Verwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) obliege nun nicht mehr den Wohnungseigentümern, sondern nunmehr dem insoweit rechtsfähigen Verband. Der Verwalter erhalte eher die Stellung eines GmbH-Geschäftsführers, einzelne Eigentümer oder auch eine 49 %-Minderheit könnten gegen den Willen der (auch knappen) Mehrheit nicht mehr gegen Dritte vorgehen.
Auch wie ein Prozess, etwa ein Anfechtungsverfahren, zu führen sei, entscheide nunmehr der Verband. Diese Entscheidung müsse auf einer WEG-Versammlung erfolgen. An dieser habe aber auch der Kläger das Recht, teilzunehmen. Damit könne ohne dessen Kenntnis ein Verfahren nicht mehr besprochen, abgewickelt oder in sonstiger Weise beeinflusst werden. Zudem habe der Kläger auch im Fall seines Obsiegens die Kosten, die auf den Verband entfallen, anteilig mitzutragen. Das jedoch werde die Bereitschaft, einen Vergleich (mit einer gegenseitigen Kostentragung) zu schließen, gegen "null" tendieren lassen. Denn der Kläger müsste dann nicht nur seine Rechtsanwaltskosten, sondern auch die des Verbands in der Höhe des auf ihn entfallenden Anteils tragen. Dies werde er als "Strafe" empfinden. Eine Mehrbelastung der Gerichte werde damit nicht ausgeschlossen, sondern sogar gefördert.
Auch der Schutz künftiger Erwerber werde aufgeweicht. So sei die WEG nach der bestehenden Rechtslage Verbraucher, wenn ein Mitglied Verbraucher ist (vgl. BGH, Urt. v. 25.3.2015 – VIII ZR 109/14). Entstehe die WEG künftig mit dem Bauträger als einzigem Mitglied, so sei sie künftig kein Verbraucher mehr, solange nicht jedenfalls ein Käufer Mitglied geworden sei. Das ermögliche es dem Bauträger, "als WEG" Verträge abzuschließen, die bislang unwirksam wären.
Der Verwalter solle nach § 9b WEG-E nunmehr die Stellung eines Geschäftsführers mit nach außen uneingeschränkten Kompetenzen erhalten. Gleichzeitig werde ihm eine Organstellung i.S.d. Verbandsrechts eingeräumt. Für die Wohnungseigentümer habe dies zugleich aber einen Entzug von Kompetenzen zur Folge. Handele der Verwalter abweichend von eventuellen Vorgaben, seien die Eigentümer im Außenverhältnis mit allen sich daraus ergebenden Folgen gebunden und müssten insb. für eingegangene Verpflichtungen haften. Das Wohnungseigentum erweise sich damit bei einem unbedachten Verwalter als Risikoanlage. Denn die im Außenverhältnis entstehenden Folgen der umfassenden Vertretungsmacht ließen sich – anders als nach der bisherigen Rechtslage – im Regelfall nicht mehr beseitigen.
Bemängelt werden vom DAV auch die Konsequenzen der Reform für die Anwaltschaft. Bei der Beschlussanfechtungsklage sei nach bisherigem Recht regelmäßig die sog. Mehrvertretungsgebühr auf Beklagtenseite angefallen, da die Klage gegen alle übrigen (einzelnen) Wohnungseigentümer zu richten war. Jetzt solle sich diese Klage gegen den Verband (also nur noch eine Partei) richten. Damit entfiele die Mehrvertretungsgebühr. Der DAV wendet sich ausdrücklich gegen die damit einhergehende massive Reduktion des anwaltlichen Gebührenaufkommens auf Beklagten-, sprich: Verbandsseite. Auch wenn sich die Beschlussanfechtungsklage künftig gegen den Verband richte, bleibe der Arbeitsaufwand für den Anwalt der Beklagtenseite (also auf der Seite des Verbands) unverändert hoch, weil die Wohnungseigentümer es sich weiterhin nicht nehmen lassen würden, ihre Rechte wahrzunehmen, und daher auch entsprechend informiert werden müssten. Ein Wegfall der bisherigen Mehrvertretungsgebühr sei deshalb keinesfalls gerechtfertigt.
[Quelle: DAV]