Ziffer 1 ADSp 2017 Die Ziffer enthält eine Erläuterung verschiedener, im Rahmen der ADSp 2017 immer wieder auftauchender Begrifflichkeiten. |
Die Begriffe sind oftmals altbekannt. Sie wurden ähnlich bereits in den ADSp 2003/2016 verwendet.
Neu – und zurückzuführen auf die erstmalige Mitwirkung des BGL – ist die Erweiterung des Begriffs des Frachtführers auf den des Lohnfuhrunternehmers. Eigentlich ist der Lohnfuhrunternehmer dazu verpflichtet, seinem Auftraggeber ein Fahrzeug nebst Fahrer zur Verfügung zu stellen. Der Auftraggeber entscheidet dann über die Art und Weise der Transportdurchführung. Mangels Obhut am Gut scheidet eine Anwendung der transportrechtlichen Regelungen der §§ 407 ff. HGB auf den Lohnfuhrunternehmer u.U. aus (BGH, Beschl. v. 4.4.2016 – 1 ZR 102/15, jPR VersR v. 14.6.2016). Ob die Rechtsprechung dieser Regelung der ADSp 2017 daher folgt und den Lohnunternehmer wie den Frachtführer i.S.d. §§ 407 ff. HGB behandelt, muss daher abgewartet werden.
Beträgt der Wert einer Sendung mehr als 100 Euro je Kilogramm, hat der Auftraggeber den Dienstleister hierauf in jedem Fall gesondert hinzuweisen. Dies stellt ebenfalls eine Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung dar. Aus § 254 BGB hat der BGH (Urt. v. 1.12.2005 – 1 ZR 265/03, NJW-RR 2006, 1108; Urt. v. 21.1.2010 – 1 ZR 215/07, NJW-RR 2010, 909) die Pflicht des Versenders hergeleitet, den Dienstleister auf das Drohen eines ungewöhnlich hohen Schadens gesondert hinzuweisen. Dies soll immer dann erforderlich sein, wenn der drohende Schaden dem Zehnfachen der gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Grundhaftung entspricht. Kommt der Auftraggeber dem nicht nach, kann sein Anspruch bis auf Null heruntergekürzt werden (BGH, Urt. v. 3.7.2008 – 1 ZR 132/05, NJW-RR 2009, 173).
Vermutlich dürfte der ein oder andere Auftraggeber jedoch nicht berücksichtigen, dass es angesichts der recht differenzierten Haftungsregelungen in den Ziffern 22-25 ADSp 2017 daneben weitere Hinweispflichten geben kann. Diese beginnen bei multimodalen Transporten unter Einschluss einer Seebeförderung schon bei 20 SZR je Kilogramm (Ziffer 23.3.1 ADSp 2017). Auf der anderen Seite wird ein Auftraggeber ggf. übersehen, dass ihn die Hinweispflicht bei Überschreiten der Grenze von 100 Euro je Kilogramm auch dann trifft, wenn das Gesetz eigentlich eine höhere Haftung als 8,33 SZR je Kilogramm vorsieht (Merke: 8,33 SZR entsprechen ca. 10 Euro). Denn die Haftung bei internationalen Lufttransporten beträgt 19 SZR je Kilogramm bzw. 27,35 Euro je Kilogramm, je nachdem, zwischen welchen Staaten die Luftfrachtbeförderung durchgeführt wird.
Ziffer 2 ADSp 2017 Die Ziffer regelt die Reichweite der ADSp 2017. |
Die ADSp 2017 gelten nicht für Geschäfte mit Verbrauchern. Ebenso sind einzelne Dienstleistungsbereiche wie die Lagerung von Akten oder die Durchführung von Schwertransporten, für welche man besondere Genehmigungen benötigt, von den ADSp 2017 ausgeschlossen.
Ziffer 3 ADSp 2017 Diese Ziffer regelt die (vorvertraglichen) Pflichten des Auftraggebers. |
Welche Informationen muss er auf welche Art und Weise an den Dienstleister übermitteln? Erwähnt wird in diesem Zusammenhang auch eine Mitteilung über den "Warenwert" der Sendung. Was konkret hiermit gemeint ist und wofür dieser Wert im Einzelfall dienen soll, sagen die ADSp 2017 nicht. Der Auftraggeber muss daher dem Dienstleister nicht nur den "Warenwert" mitteilen, sondern auch gleichzeitig sagen, was er mit der Mitteilung bezweckt. Will er seiner Informationspflicht nachkommen, um dem Vorwurf eines fehlenden Hinweises auf das Drohen eines ungewöhnlich hohen Schadens zu entgehen (s. Ziffer 1 ADSp 2017), will er eine Transportversicherung eindecken und die Ware zu diesem Wert versichern oder soll der Dienstleister die Verzollung vornehmen und der Zollanmeldung diesen Wert zugrunde legen?
Die zu erstellenden Frachtpapiere können bei internationalen Transporten hier einen ersten Anhaltspunkt liefern, da diese unterschiedlichen Felder für die Angabe des Zollwertes (engl.: "total value for customs") und für die Angabe eines Transportversicherungswertes (engl.: "total value for carriage") vorsehen.
Auf diebstahlgefährdetes Gut – hier nicht rein wertbasiert, sondern aus der Natur des Gutes betrachtet – hat der Auftraggeber den Dienstleister möglichst frühzeitig hinzuweisen. Dies muss jedoch auch konkret erfolgen und darf sich nicht in der Floskel "Achtung! Diebstahlgefährdetes Gut" erschöpfen (BGH, Urt. v. 1.7.2010 – 1 ZR 176/08, NJW-RR 2011, 117).
Diese Pflicht tritt neben die Pflicht, den Dienstleister auf das Drohen eines ungewöhnlich hohen Schadens hinzuweisen.
Ziffer 4 ADSp 2017 Diese Ziffer regelt – als Spiegelbild zur vorangegangenen Ziffer – die Pflichten des Dienstleisters. |
Entsprechend § 454 Abs. 1 HGB wird zunächst noch einmal erwähnt, dass das Interesse des Auftraggebers der Handlungsmaßstab für den Dienstleister sein soll. Dieses verdrängt grds. das Interesse des Empfängers oder anderer, am Vertrag beteiligter Dritter. Es geht sogar dem Interesse...