I. Die ADSp 2017 – das prägende Bedingungswerk für Transport- und Speditionsunternehmer
Auch wenn es sich bei Branchen-AGB wie den Allgemeinen Spediteurbedingungen 2017 (ADSp 2017) um eine Spezialmaterie zu handeln scheint, sollte deren Bedeutung für die alltägliche Bearbeitung nicht unterschätzt werden. Der Bundesverband Spedition und Logistik e.V. (DSLV) wirbt damit, als Spitzen- und Bundesverband zusammen mit seinen 16 regionalen Landesverbänden die verkehrsträgerübergreifenden Interessen von etwa 3.000 Speditions- und Logistikdienstleistungsbetrieben zu repräsentieren, die insgesamt 605.000 Beschäftigte und einen jährlichen Branchenumsatz i.H.v. über 110 Milliarden Euro aufweisen. Hinzu kommen weitere Verbände wie der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung e.V. (BGL) und der Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik e.V. (BWVL). Der Transport-, Speditions- und Logistiksektor bildet mittlerweile die drittgrößte Branche Deutschlands. Es lohnt sich daher nach hiesiger Auffassung, einen genaueren Blick auf die Standardbedingungen des Gewerbes zu werfen.
Die ADSp 2017 werden seit dem 1.1.2017 von diversen Beteiligten entlang der gesamten Transportkette zur Anwendung empfohlen. Zu den an den Verhandlungen beteiligten und die ADSp 2017 unterstützenden Verbänden zählen der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), der BGL, der Bundesverband Möbelspedition und Logistik (AMÖ), der BWVL, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), der DSLV und der Handelsverband Deutschland (HDE). Die Zahl der Nutzer liegt damit deutlich höher als bei vorangegangenen Fassungen. Die ADSp 2003 waren lediglich verhandelt und empfohlen worden vom BDI, BGA, DSLV, DIHK und HDE; die ADSp 2016 waren entwickelt und empfohlen worden vom DSLV allein.
Die Chance, bei der Bearbeitung von Transport-, Speditions- und Lagerverträgen oder hiermit in Zusammenhang stehenden Dienstleistungen auf die ADSp 2017 zu treffen, ist daher recht hoch. Der folgende Beitrag soll den Inhalt der ADSp 2017 kurz zusammenfassen und auf mögliche Probleme bei der Rechtsanwendung hinweisen.
Ähnlich wie bei den Incoterms, wo man zur besseren Unterscheidbarkeit jeweils eine Jahreszahl hinzufügt (bspw. Incoterms 2010 oder nun auch Incoterms 2020), wird seit den ADSp 2016 auch bei den ADSp eine Jahreszahl hinzugefügt. Die Jahreszahl kennzeichnet dabei den Beginn des Jahres, ab welchem die jeweilige Fassung zur Anwendung empfohlen wird. Wie eingangs gesehen, werden die ADSp 2017 ab dem 1.1.2017 zur Anwendung empfohlen.
Praxistipp:
Um unnötige Diskussionen, welche Fassung der ADSp konkret Vertragsbestandteil geworden ist, und damit ggf. einhergehende Haftungsrisiken zu vermeiden, sollte man die gewünschte Fassung der ADSp konkret bezeichnen.
II. Hinweispflicht auf den Inhalt einzelner Ziffern der ADSp 2017
Auch wenn im kaufmännischen Verkehr grds. mit einer Leistungserbringung auf Basis von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gerechnet werden muss und der Einbezug mitunter recht einfach erfolgen mag, gilt dies im Transport- und Speditionsbereich nur eingeschränkt.
Es gibt nämlich in den §§ 449 Abs. 2, 466 Abs. 2 HGB eine Spezialregelung, wonach Frachtführer und Spediteure zwar mit Hilfe von Allgemeiner Geschäftsbedingungen Abweichungen von der gesetzlichen Grundhaftung von Sonderziehungsrechten (SZR) 8,33 je Kilogramm treffen können, sie gleichzeitig jedoch dazu verpflichtet sind, den Vertragspartner hierauf "in geeigneter Weise" hinzuweisen. Was der Gesetzgeber hiermit genau gemeint hat, ist leider unklar. Obergerichtliche Rechtsprechung hierzu existiert noch nicht.
Der BGH verlangte zu § 449 Abs. 2 Nr. 1 HGB a.F. eine qualifizierte Information durch den ADSp-Verwender (Urt. v. 23.1.2003 – I 174/00, NJW 2003, 1397 f.). Begründet wurde dies u.a. damit, dass an den damaligen Verhandlungen nicht alle potenziellen Nutzer beteiligt gewesen sind. Die Frage, ob man aus Gründen der Praktikabilität davon ausgehen könne, dass für die Einbeziehung der ADSp 1998 als unter den Marktbeteiligten ausgehandelte und damit gemeinsam festgestellte Vertragsordnung der strenge Maßstab des § 449 Abs. 2 Nr. 1 HGB a.F. nicht gelten würde, musste der BGH daher nicht entscheiden.
Die Dienstleister behalfen sich daher damit, neben einem generellen Hinweis auf die Leistungserbringung auf Basis der ADSp 2003 noch den Inhalt der Ziffer 23 ADSp 2003 zu wiederholen:
"Wir arbeiten ausschließlich auf Basis der ADSp, neuester Fassung. Diese beschränken in Ziffer 23 ADSp die gesetzliche Haftung für Güterschäden nach § 431 HGB für Schäden im speditionellen Gewahrsam auf 5 Euro je Kilogramm, bei multimodalen Transporten unter Einschluss einer Seebeförderung auf 2 SZR je Kilogramm sowie ferner je Schadenfall bzw. -ereignis auf 1 Mio. Euro bzw. 2 Mio. Euro oder 2 SZR je Kilogramm, je nachdem, welcher Betrag höher ist."
Zwar wird nachvollziehbarerweise mit Blick auf die Vielzahl der nun an den Verhandlungen beteiligten Verbände die Auffassung vertreten, das vom BGH erwähnte Kriterium der gemeinsam festgestellten Vertragsordnung sei nun (wieder) erfüllt, ob der BGH dies im Streitf...