Das Körperschaftsteuergesetz erfasst im Wesentlichen (vgl. aber § 1 Abs. 1 Nr. 4, 5 KStG) die sog. juristischen Personen, namentlich die Kapitalgesellschaften (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG). Im Gegensatz dazu regelt das Einkommensteuergesetz die Besteuerung der natürlichen Personen. Im Körperschaftsteuerrecht herrscht das Trennungsprinzip, d.h. das von der juristischen Person erwirtschaftete Einkommen unterliegt der Körperschaftsteuer, die juristische Person selbst ist Körperschaftsteuersubjekt. Ist das Einkommen negativ, wird es ausschließlich dem Körperschaftsteuersubjekt zugerechnet. Die Anteilseignersphäre wird erst dann steuerrechtlich berührt, wenn Ausschüttungen an die Gesellschafter erfolgen. Verluste können nur ausnahmsweise nach den Vorschriften der Organschaft (vgl. §§ 14 ff. KStG) dem Gesellschafter zugerechnet werden.
Nach § 8 Abs. 3 S. 1 KStG ist es für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt wird. Der Steuer unterliegt der Bereich der Erzielung des Einkommens. Auf die Höhe der Bemessungsgrundlage derselben hat es deshalb keinen Einfluss, wie das Einkommen verwendet wird. Daraus folgt, dass eine Gewinnausschüttung – als die klassische Form der Einkommensverwendung – die steuerliche Belastung der Kapitalgesellschaft nicht mindern darf. Die Höhe des Einkommens ist unabhängig davon, ob und ggf. in welcher Höhe die Kapitalgesellschaft eine Ausschüttung vornimmt oder nicht. Wie § 8 Abs. 3 S. 2 KStG erkennen lässt, regelt die Satz 1 ergänzende Vorschrift nicht nur Gewinnausschüttungen im engeren Sinne, sondern jede Form der Verteilung des Einkommens auf die Gesellschafter. Nicht abziehbar ist daher jede Form der Vermögensübertragung auf die Gesellschafter, die nicht Ausfluss von schuldrechtlichen Lieferungs- und Leistungsbeziehungen ist, sondern ihren Rechtsgrund in dem Gesellschaftsverhältnis hat. Dies betrifft sowohl die sog. offenen Gewinnausschüttungen, bei denen die gesellschaftsrechtliche Grundlage durch einen Gewinnverteilungsbeschluss offengelegt wird, als auch die sog. verdeckten Gewinnausschüttungen, bei denen dies nicht der Fall ist, und schließlich Vorgänge, die überhaupt keine Gewinnausschüttung mehr sind, weil die Auskehrung des Vermögens an die Gesellschafter im Rahmen einer Liquidation erfolgt.
Da aus dem rechtlichen Trennungsprinzip im Fall der Ausschüttung eine zweifache Besteuerung zunächst auf Ebene der Körperschaft und dann auf Ebene des Anteilseigners eintritt, stellt sich im Hinblick auf das Körperschaftsteuersystem die Frage, ob es bei diesem "klassischen System" der Körperschaftsteuer, bei der die Doppelbesteuerung nicht gemildert wird, verbleiben soll oder ob aus betriebs- und finanzwissenschaftlichen Gründen eine Abmilderung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung und damit der Gesamtbelastung von Körperschaft und Anteilseigner notwendig erscheint. Das in der Bundesrepublik Deutschland nach der Unternehmensteuerreform 2001 ab 2002 herrschende System ist insofern ein "klassisches System", als es die Doppelbesteuerung als Besteuerung der Gewinne auf der Ebene der Körperschaft und als Dividendenbesteuerung auf der Ebene der Anteilseigner im Prinzip aufrechterhält.
Nach dem Freistellungsverfahren bleibt die Besteuerung auf der Ebene der Körperschaft bestehen und die Milderung der Doppelbesteuerung setzt auf der Ebene des Anteilseigners an. Diese Freistellung ist in § 8b Abs. 1 KStG geregelt (ausführlich unter V). Die Dividende wird auf der Ebene des Anteilseigners im Ergebnis zu 95 % von der Besteuerung ausgenommen, da § 8b Abs. 5 S. 1 KStG qua Fiktion anordnet, dass 5 % der Ausschüttung als nicht abziehbare Betriebsausgabe gelten. Nach dem Halbeinkünfte- bzw. Teileinkünfteverfahren, das ebenfalls auf der Ebene des Anteilseigners eingreift, wird die Gewinnausschüttung nur zur Hälfte in das steuerpflichtige Einkommen einbezogen ("Halbeinkünfteverfahren"), bzw. beim seit 2009 geltenden Teileinkünfteverfahren zu 60 % (§ 3 Nr. 40 EStG).
Beispiel:
Frau F ist an der X-GmbH zu 100 % beteiligt, die ihrerseits zu 100 % an der Y-GmbH beteiligt ist.
Eine Gewinnausschüttung der Y-GmbH an die X-GmbH führt bei dieser zwar zu einem Gewinn, der jedoch außerhalb der Steuerbilanz nach der in § 8b Abs. 1 KStG verwirklichten sog. Freistellungsmethode zu korrigieren ist. Da zugleich 5 % der Dividendenausschüttung gem. § 8b Abs. 5 KStG als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben gelten, werden in der Summe 95 % der Dividendenzahlung freigestellt. Wäre die Y-GmbH sog. Organgesellschaft (dazu unter VIII) der X-GmbH als Organträgerin, würde ihr Einkommen der X-GmbH zugerechnet, sodass – mangels Ausschüttung – auch keine nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG anfielen.
Bei der Ausschüttung der X-GmbH an Frau F ist zu differenzieren: Soweit Frau F ihre Anteile an der X-GmbH im Privatvermögen hält, unterliegen die Dividenden, die zu sog. Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) führen, der sog. Abgeltungsteuer (§ 32d Abs. 1 EStG). Es handelt sich dabei...