1. Flächenabweichung unter 10 %
Nach § 536 Abs. 1 S.1 und 2 BGB ist der Mieter bei Vorliegen eines Mangels der Mietsache, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert, von der Entrichtung der Miete befreit bzw. nur zur Entrichtung einer angemessen herabgesetzten Miete verpflichtet. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt dabei außer Betracht. Dass eine Flächenabweichung als Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit einen solchen Mangel darstellt, ist heute wohl unstreitig. Für die Minderung wegen einer tatsächlich geringeren Wohnfläche als der vertraglich vereinbarten hat der für die Wohnraummiete zuständige VIII. Senat entschieden, dass ein abweichendes Flächenmaß die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch bereits dann erheblich mindert, wenn die tatsächliche Fläche um mehr als 10 % hinter der vertraglich vereinbarten Größe zurückbleibt (BGH NJW 2018, 2317; NJW 2011, 220; NJW 2004, 1947, 1948). Einer zusätzlichen Darlegung des Mieters, dass infolge der Flächendifferenz die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert ist, bedarf es dann nicht. Diese im Interesse der Praktikabilität und Rechtssicherheit gezogene Grenze von 10 % legt der VIII. Zivilsenat auch dann zugrunde, wenn die Wohnfläche im Mietvertrag nur mit „ca.” angegeben ist (BGH NJW 2004, 1947, 1948). Der für die Gewerberaummiete zuständige XII. Senat hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (BGH NJW 2005, 2152, 2153; NJW 2012, 3173).
Dies bedeutet jedoch nicht, dass bei einer Flächenunterschreitung von weniger als 10 % eine Mietminderung grds. ausgeschlossen ist. Diese Rechtsprechung hat nur zur Folge, dass bei Flächenabweichungen, die diese Grenze von 10 % überschreiten, der Mieter nicht gesondert darlegen muss, die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch sei infolge der Flächenabweichung gemindert. Bleibt die Flächenabweichung hinter dieser Grenze zurück, kann sich der Mieter dagegen nicht auf diese tatsächliche Vermutung einer Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Mietsache berufen. Er muss dann im jeweiligen Einzelfall konkret darlegen und ggf. beweisen, dass durch die Flächenabweichung der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt ist (BGH MDR 2021, 224 = GE 2021, 175 = WuM 2021, 97 = MietPrax-AK § 536 BGB Nr. 63 m. Anm. Eisenschmid).
2. Mangelanerkenntnis durch Vermieter
Der Mieter muss eine negative Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit darlegen und ggf. im Prozess beweisen. Schwierigkeiten kann es dabei v.a. bei vergänglichen Mängeln, wie Lärm oder Gerüchen, geben. Bereits die verbale Darlegung ist schon schwierig. Bei Gerüchen muss der Mieter darüber hinaus beweisen, dass mit der Geruchsentwicklung eine spürbare und das Wohlbefinden der Nutzer erheblich beeinträchtigende Belastung des Geruchsempfindens einhergeht, weil nicht jede Geruchsentwicklung in gemieteten Räumen zu einer Gebrauchsbeeinträchtigung führt. Der Ausgang eines Verfahrens hängt deshalb häufig von Indizien und der Frage ab, ob ggf. eine Beweislastumkehr oder zumindest Beweislasterleichterung in Betracht kommt. Nach Ansicht des BGH (BGH WuM 2021, 27 = GE 2020, 1619 = MietPrax-AK § 536 BGB Nr. 62 mit Anm. Eisenschmid; Börstinghaus, jurisPR-BGHZivilR 25/2020 Anm. 3; Drasdo NJW-Spezial 2021, 1) kann in einem vergleichsweise unterbreiteten Angebot des Vermieters zum Austausch eines Bauteils, über dessen Ursächlichkeit für die Gerüche die Parteien streiten gegen Nachzahlung der vollen einbehaltenen Miete, kein Anerkenntnis gegen sich selbst gesehen werden. Das Gleiche gelte auch für Mangelerforschungsarbeiten, die keine Weiterungen zur Folge hatten.
Praxistipp:
Bei „vergänglichen Mängeln” sollte eine frühzeitige Beweissicherung erfolgen. Das kann wahrscheinlich am schnellsten durch ein Privatgutachter erfolgen. Hilfsweise sollten ausreichend Zeugen mit einer möglichst detailreichen Aufzeichnung über die wahrgenommenen Beeinträchtigungen zur Verfügung stehen. Das ist bei Lärm schon nicht einfach, aber bei Gerüchen noch schwieriger, da hier subjektive Empfindlichkeiten noch stärker eine Rolle spielen.