Allerdings hat die Gegenpartei – das war hier im Fall des OVG Lüneburg der Beklagte – diese Kosten nur nach Maßgabe des § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO zu erstatten. Danach sind die Kosten mehrerer Rechtsanwälte nur insoweit zu erstatten, als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. Danach sind bei einem Anwaltswechsel die hierdurch entstehenden Mehrkosten nur dann notwendig i.S.v. § 91 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 ZPO, wenn er nicht auf ein Verschulden der Partei oder ein ihr nach dem Grundgedanken des § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihres Rechtsanwalts zurückzuführen ist. Dies beruht auf dem Umstand, dass für die Erstattungsfähigkeit von Mehrkosten, die durch einen Anwaltswechsel entstanden sind, nicht schon die objektive Notwendigkeit des Anwaltswechsels genügt. Vielmehr sind die durch einen Anwaltswechsel entstandenen Mehrkosten nur dann erstattungsfähig, wenn ein Anwaltswechsel darüber hinaus unvermeidbar war, mithin weder von der erstattungsberechtigten Partei noch von ihrem Prozessbevollmächtigten schuldhaft verursacht worden war.
Den Rechtsanwalt trifft bei einer Rückgabe der Zulassung kein Verschulden an dem dadurch notwendig gewordenen Anwaltswechsel, wenn er seine Zulassung aus achtenswerten Gründen aufgegeben hat und er bei Mandatsübernahme nicht vorhersehen konnte, dass er die Zulassung in absehbarer Zeit aufgeben und deshalb den Auftrag voraussichtlich nicht zu Ende führen könne (BGH, Beschl. v. 22.8.2012 – XII ZB 183/11, RVGreport 2013, 26 [Hansens], AGS 2013, 93; BGH, Beschl. v. 12.9.2012 – IV ZB 3/12, zfs 2012, 644 m. Anm. Hansens, RVGreport 2012, 422 [Hansens], AGS 2012, 544, NJW 2012, 3790 m. Anm. Deckenbrock).
a) Rückgabe der Zulassung wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten
Wirtschaftliche Schwierigkeiten eines Rechtsanwalts stellen regelmäßig keinen achtenswerten Grund i.S.v. § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO für die Aufgabe der Zulassung dar. Der Rechtsanwalt hat vielmehr seine für die Aufrechterhaltung des Kanzleibetriebs erforderliche Leistungsfähigkeit sicherzustellen (RVGreport 2013, 26 [Hansens], AGS 2013, 93). Ob in Fällen, in denen die wirtschaftlichen Schwierigkeiten auch auf unvorhersehbaren persönlichen Gründen beruhen, eine abweichende Beurteilung geboten ist, hat der BGH (a.a.O.) offengelassen.
Dies hat die erstattungsrechtliche Folge, dass die durch den Anwaltswechsel angefallenen Mehrkosten nicht erstattungsfähig sind. Davon ist auch das OVG Lüneburg ausgegangen. Dies schließt allerdings nicht aus, dass auch Gebühren und/oder Auslagen erstattungsfähig sind, die in der Person des nach dem Anwaltswechsel auftretenden neuen Prozessbevollmächtigten entstanden sind. Hat bspw. im Fall des OVG Lüneburg Rechtsanwalt X bis zu seinem Ausscheiden nur die Verfahrensgebühr verdient und die Rechtsanwälte Y nach ihrer Bestellung zu Prozessbevollmächtigten sowohl die Verfahrens- als auch die Terminsgebühr, so sind an Gebühren bei einem nicht notwendigen Anwaltswechsel nur eine Verfahrensgebühr und die allein den Rechtsanwälten Y angefallene Terminsgebühr erstattungsfähig.
b) Rückgabe der Zulassung aus achtenswerten Gründen
Anders kann der Fall liegen, wenn der Rechtsanwalt seine Zulassung aus achtenswerten Gründen zurückgegeben hat und deshalb ein Anwaltswechsel erforderlich war. Im Falle des BGH (Beschl. v. 12.9.2012 – IV ZB 3/12, zfs 2012, 644 m. Anm. Hansens, RVGreport 2012, 422 [Hansens], AGS 2012, 544, NJW 2012, 3790 m. Anm. Deckenbrock) hatte der Rechtsanwalt seine Zulassung wegen der Übernahme der Pflege seine Mutter zurückgegeben, nachdem die bisherige Pflegeperson ausgefallen war. Dies kann dann dazu führen, dass die erstattungspflichtige Gegenpartei die Kosten zweier Rechtsanwälte zu erstatten hat. Im Extremfall können dann doppelte Anwaltskosten erstattungsfähig sein, wenn der seine Zulassung zurückgebende Rechtsanwalt bereits diejenigen Gebühren und Auslagen verdient hat, die auch dem neuen Prozessbevollmächtigten anfallen. Im Fall des OVG Lüneburg ging es lediglich um die Erstattungsfähigkeit der doppelt angefallenen Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG.