Die Entscheidung des KG macht auf ein Problem aufmerksam, das in der Praxis selten beachtet wird. Die Festsetzung des Gegenstandwertes beschränkt sich in persönlicher Hinsicht nämlich nur auf den Rechtsanwalt, der den Antrag gestellt hat. Hat bspw. der Klägervertreter den Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes gestellt, gilt die Festsetzung nur für seine Gebühren, nicht etwa auch für andere Rechtsanwälte, die den Mandanten vertreten haben, wie den Terminsvertreter oder den Verkehrsanwalt (s. Gerold/Schmidt/Mayer, a.a.O. Rn 10). Die Wertfestsetzung gilt aber auch nicht für den Gegenanwalt oder den Anwalt eines sonstigen Verfahrensbeteiligten. Eine Ausnahme gilt dann, wenn sich in meinem Beispiel etwa der Beklagtenvertreter dem Antrag des Klägers auf Festsetzung des Gegenstandswertes angeschlossen hat. Dann ist auch der Beklagtenvertreter Antragsteller, so dass die Wertfestsetzung auch für seine Gebühren gilt oder das Gericht für jeden Rechtsanwalt gesonderte Gegenstandswerte festsetzt.
Diese Beschränkung der Festsetzung des Gegenstandswertes auf den Antragsteller hat ihren guten Grund.
a) Unterschiedliche Fälligkeitszeitpunkte
Zum einen ist – wie vorstehend erwähnt – der Antrag gem. § 33 Abs. 2 S. 1 RVG erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Dies kann bei den an einem gerichtlichen Verfahren beteiligten Rechtsanwälten zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Fall sein. Endet bspw. infolge der Kündigung des Anwaltsvertrages das Mandat des Klägervertreters noch vor der mündlichen Verhandlung, so wird dessen Vergütung gem. § 8 Abs. 1 S. 1 RVG fällig. Der Klägervertreter kann folglich, wenn die sonstigen Voraussetzungen hierfür vorliegen, einen Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes stellen. Dem Beklagtenvertreter, der seinen Mandanten in dem Rechtsstreit auch weiterhin vertritt, ist die Antragstellung zu diesem Zeitpunkt versagt, weil seine Vergütung noch nicht fällig ist. Würde die auf Antrag des Klägervertreters erfolgte Festsetzung des Gegenstandswertes auch für den Beklagtenvertreter gelten, wäre einmal die Zulässigkeitsvoraussetzung der Fälligkeit der Vergütung für die Festsetzung des Gegenstandswertes "ausgehebelt". Zum anderen steht vor Fälligkeit der Anwaltsvergütung noch gar nicht fest, ob sich der Gegenstandswert nicht bis zum Eintritt der Fälligkeit – etwa durch Klageerweiterung oder Erhebung einer Widerklage – erhöht.
b) Verschiedene Gegenstandswerte
Außerdem können die Gegenstandswerte bei den beteiligten Rechtsanwälten durchaus unterschiedliche Höhen haben. Hat bspw. der Klägervertreter eine Klage auf Unterlassung mehrerer Handlungen nach Einreichung der Klage hinsichtlich eines Unterlassungsanspruchs teilweise zurückgenommen, soâEUR™würde nach Eintritt der Fälligkeit seiner Vergütung der Gegenstandswert nach dem Wert aller Unterlassungsansprüche festzusetzen sein. Für den Beklagtenvertreter, der erst nach der Teil-Klagerücknahme beauftragt worden ist, wäre der Gegenstandswert dann in Höhe des unter Berücksichtigung der Teil-Klagerücknahme verminderten Wertes des Unterlassungsanspruchs festzusetzen. Auch hier wird deutlich, dass es keine allgemeine Festsetzung des Gegenstandswertes für die anwaltliche Vertretung jedes beteiligten Rechtsanwaltes geben kann, sondern nur eine Wertfestsetzung zugunsten des antragstellenden Rechtsanwalts.
Gebührentipp:
Vielen Gerichten ist nicht bekannt, dass die Festsetzung des Gegenstandswertes in persönlicher Hinsicht nur auf den Rechtsanwalt zu beschränken ist, der den Antrag auf Wertfestsetzung gestelltâEUR™hat. Hat das Gericht – wie im Fall des KG – den Wert ohne Beschränkung auf den Antragsteller festgesetzt, gilt die Festsetzung des Gegenstandswertes für sämtliche an dem Rechtsstreit oder dem gerichtlichen Verfahren beteiligten Rechtsanwälte. Dies kann dann für den Anwalt, der den Antrag aufâEUR™Festsetzung des Gegenstandswertes nicht gestellt hatte, nachteilig sein, wenn sich seine GebührenâEUR™tatsächlich nach einem höheren Gegenstandswert berechnen als auf Antrag des Gegenanwalts festgesetzt. Legt der Rechtsanwalt, der den Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes nicht gestellt hatte, keine Beschwerde ein, so wird die Wertfestsetzung auch für ihn bindend, wenn die sechsâEUR™Monatsfrist des § 63 Abs. 3 S. 2 GKG (s. § 68 Abs. 1 S. 3 GKG) abgelaufen ist.
Folglich sollte bei einer in persönlicher Hinsicht unbeschränkten Festsetzung des Gegenstandswertes der Gegenanwalt gegen die Wertfestsetzung Beschwerde mit dem Ziel einreichen, dass die Festsetzung des Gegenstandswertes auf den antragstellenden Rechtsanwalt beschränkt wird. Diese Beschwerde kann dann auch mit einem eigenen Antrag des Beschwerdeführers auf Festsetzung des Gegenstandswertes verbunden werden.