Im Unterschied hierzu ist eine Einwendung oder Einrede i.d.R. dann nicht gebührenrechtlicher Art, wenn sie ihren Grund in materiell-rechtlichen Vorschriften hat oder auf besonderen Abreden zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Auftraggeber gestützt wird (s. Hansens zfs 2020, 42, 43). Solche außergebührenrechtlichen Einwendungen i.S.v. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG bedürfen keiner Substantiierung und erst recht keiner Schlüssigkeit (s. LAG Hessen, Beschl. v. 3.8.2015 – 2 Ta 289/15, RVGreport 2016, 54 [Hansens]; OLG Koblenz, Beschl. v. 1.12.2015 – 14 W 777/15, RVGreport 2016, 56 [Ders.]; FG Münster, Beschl. v. 22.10.2019 – 5 Ko 2255/19 KFB, RVGreport 2020, 52 [Ders.]; s.a. BVerfG, Beschl. v. 25.4.2016 – 1âEUR™BvR 125/14, RVGreport 2016, 253 [Ders.]), was in der Praxis häufig übersehen wird. Im Vergütungsfestsetzungsverfahren ist deshalb lediglich zu prüfen, ob das tatsächliche Vorbringen des Antragsgegners – seine Richtigkeit unterstellt – den verfahrensgegenständlichen Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts in irgendeiner Weise beeinflussen kann. Hierzu ist es erforderlich, dass der Antragsgegner vortragen muss, aus welchen konkreten Umständen er seine außergebührenrechtlichen Einwendungen herleitet. Deshalb hat der Antragsgegner die tatsächlichen, auf die Besonderheiten des konkreten Falls bezogenen Umstände vorzutragen. Seine Einwendungen müssen mindestens im Ansatz erkennen lassen, dass der Vergütungsanspruch des den Antrag stellenden Anwalts aus materiell-rechtlichen Gründen unbegründet sein könnte (LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 30.12.2014 – 1 Ta 266/14, RVGreport 2015, 135 [Ders.]; OLG Dresden, Beschl. v. 20.5.2020 – 18 WF 465/20, RVGreport 2020, 293 [Ders.], JurBüro 2021, 417).
Beispiele:
- Der Antragsgegner bestreitet, dem den Vergütungsfestsetzungsantrag stellenden Rechtsanwalt einen Auftrag erteilt zu haben, aus dem der Anwalt den Vergütungsanspruch hergeleitet hat (OLGâEUR™Koblenz, Beschl. v. 9.8.2004 – 14 W 511/04, NJOZ 2005, 1689; BVerfG, Beschl. v. 25.4.2016 – 1âEUR™BvRâEUR™1255/14, RVGreport 2016, 253 [Hansens]).
- Der Auftraggeber behauptet, er habe gegen die zur Festsetzung angemeldete Vergütungsforderung mit einer Gegenforderung aufgerechnet oder er erklärt im Vergütungsfestsetzungsverfahren selbst eine entsprechende Aufrechnung (OLG Frankfurt, Beschl. v. 7.6.2017 – 18 W 85/17, RVGreport 2017, 330 [Hansens], AGS 2017, 399, JurBüro 2017, 409).
- Der Antragsgegner wendet ein, er habe die Vergütungsforderung ganz oder teilweise erfüllt (OLG Köln, Beschl. v. 22.5.2012 – 4 WF 35/12, RVGreport 2012, 297 [Hansens], AGS 2013, 19, JurBüro 2012, 654; KG JurBüro 1990, 72 m. Anm. Mümmler). In einem solchen Fall hat der Auftraggeber darzulegen, wann und auf welche Weise er den Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts (teilweise) erfüllt haben will. Bei Überweisungen sollte deshalb das entsprechende Konto, auf das überwiesen worden ist und der Überweisungstag angegeben werden (s. OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.2.1983 – 15 W 144/82, AnwBl 1983, 568; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 22.10.2004 – 2 W 260/04, RVGreport 2005, 67 [Hansens]).
- Ebenso gebührenrechtlicher Natur ist das Vorbringen des Antragsgegners, der Rechtsanwalt habe die geltend gemachte Vergütungsforderung gestundet (OLG Naumburg, Beschl. v. 16.3.2016 – 12 W 16/16, RVGreport 2017, 50 [Hansens], AGS 2017, 117).
- Verhältnismäßig häufig wird der Einwand erhoben, der Rechtsanwalt habe den Anwaltsdienstvertrag, der der Berechnung der Vergütung zugrunde liegt, schlecht erfüllt (s. Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschl. v. 23.9.2002 – 9 W 82/02, AGS 2003, 160). Darin liegt konkludent die Behauptung, der Rechtsanwalt habe sich schadensersatzpflichtig gemacht; mit den sich hieraus ergebenden Schadensersatzansprüchen rechne der Auftraggeber auf (s. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.8.2007 – 24 W 73/07, AGS 2007, 628, JurBüro 2008, 91).
- Gelegentlich wird von dem Auftraggeber auch der Einwand erhoben, er habe mit dem Rechtsanwalt eine die gesetzliche Vergütung ausschließende Vergütungsvereinbarung geschlossen. Da eine vereinbarte Vergütung nicht festgesetzt werden kann und diese im Regelfall auch nicht zur Vergütungsfestsetzung angemeldet wird, handelt es sich um einen zu berücksichtigenden außergebührenrechtlichen Einwand (OLG Bamberg, Beschl. v. 24.3.1988 – 4 W 20/88, JurBüro 1988, 1335; OLG Koblenz, Beschl. v. 5.6.1984 – 14 W 302/84, JurBüro 1985, 220). Deshalb kann die gesetzliche Vergütung auch dann nicht festgesetzt werden, wenn die vereinbarte Vergütung höher ist.