Immer mehr Rechtsanwälte führen ihre Geschäftsreisen mit der Deutschen Bahn durch. Diese vertreibt verschiedene BahnCards: Mit der BahnCard 25 gewährt die Deutsche Bahn einen Rabatt aufâEUR™Flex- und Sparpreise i.H.v. 25 %, mit der BahnCard 50 beträgt dieser Rabatt 50 % und mit der BahnCard 100 kann man die Züge der Deutschen Bahn in Deutschland unbegrenzt benutzen. Für den Rechtsanwalt, der seine Geschäftsreisen klimafreundlich mit der Deutschen Bahn unternehmen will, stellt sich die Frage, ob und wie er die Aufwendungen hierfür abrechnen kann. Dabei handelt es sich um eine Spanne von derzeit 56,90 EUR für die BahnCard 25 in der zweiten Klasse bis zu einem Betrag von 7.010 EUR für die BahnCard 100 in der ersten Klasse (Stand: Abruf 21.2.2022 unter https://www.bahn.de ). Ob der Rechtsanwalt diese Aufwendungen seinem Mandanten bzw. – im Falle der Beiordnung – der Staatskasse in Rechnung stellen kann, ist seit vielen Jahren umstritten.
1. BahnCard als allgemeine Geschäftskosten
Gemäß Vorbem. 7 Abs. 1 S. 1 VV RVG werden mit den anwaltlichen Gebühren auch die allgemeinen Geschäftskosten entgolten. Hierzu gehören nach einer weit verbreiteten, wenn nicht herrschenden Auffassung auch die Kosten für eine BahnCard (OLG Celle, Beschl. v. 31.8.2004 – 8 W 271/04, RVGreport 2005, 151 [Hansens], MDR 2004, 1445; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.5.2008 – III-VI 2/07, RVGreport 2008, 259 [Burhoff] für das "Ticket 2000"; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 19.10.1999 – 6 W 48/99, JurBüro 2000, 145, Rpfleger 2000, 129; OLG Naumburg, Beschl. v. 30.5.2005 – 12 W 61/05, JurBüro 2006, 87; VG Ansbach, Beschl. v. 19.9.2000 – AN 13 K 93.58428, AnwBl. 2001, 185; VG Köln, Beschl. v. 9.8.2005 – 6 K 2566/02, RVGreport 2006, 154 [Hansens], bestätigt durch OVG NRW, Beschl. v. 24.2.2006 – 2 E 1123/05, Rpfleger 2006, 443 für die BahnCard 100; offen: Bay. LSG, Beschl. v. 4.11.2014 – L 15 SF 198/14, AGS 2015, 75).
Dies hat zur Folge, dass der Rechtsanwalt seine Aufwendungen für eine Bahncard nicht abrechnen kann. Andererseits darf er bei Einsatz der Bahncard seinem Mandanten bzw. der Staatskasse nur den tatsächlich gezahlten – also ermäßigten – Fahrtkostenbetrag nach Nr. 7004 VV RVG in Rechnung stellen.
Dies wird vorwiegend in der Literatur (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, Nrn. 7003 bis 7006 VV RVG Rn 46; AnwKomm-RVG/N. Schneider, Nrn. 7003 bis 7006 VV RVG Rn 25), aber auch von der Rechtsprechung (OLG Koblenz, Beschl. v. 25.3.1993 – 14 W 73/93, Rpfleger 1994, 85; OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.5.2006 – 18 W 24/06, AGS 2007, 136 und 155 m. Anm. N. Schneider) als ungerecht angesehen. Insbesondere dann, wenn der Rechtsanwalt die BahnCard 100 benutzt, wofür ihm in der konkreten Angelegenheit keine Fahrkosten anfallen, führt dies zu einer als ungerechtfertigt angesehenen Bevorzugung des Mandanten bzw. der Staatskasse. Deshalb sind verschiedene Modelle entwickelt worden, wie dem abgeholfen werden kann. Nach einer Auffassung (Gerold/Schmidt/Müller-Rab, a.a.O.; ähnlich OLG Koblenz a.a.O.) soll aufgrund der Erfahrung des Vorjahres geschätzt werden, wie häufig der Rechtsanwalt die BahnCard für Geschäftsreisen nutzt. Der Kaufpreis für die BahnCard soll dann durch die Anzahl dieser Reisen dividiert werden und der so ermittelte anteilige Kaufpreis auf den tatsächlich gezahlten ermäßigten Fahrpreis aufgeschlagen werden. Nach Auffassung des OLG Frankfurt (a.a.O.) sollen die Kosten für den Erwerb einer BahnCard 100 bis zur Grenze der Kosten einer regulären Fahrkarte abgerechnet werden, wenn der Rechtsanwalt darlegt, in welchem Umfang er die BahnCard innerhalb ihrer Geltungsdauer genutzt hat.
Natürlich kann der Rechtsanwalt mit dem Auftraggeber eine Vergütungsvereinbarung auch über seine Geschäftsreisekosten abschließen, wonach er seine Aufwendungen für die BahnCard dem Mandanten zu einem entsprechenden Festbetrag oder zu einem Anteil des Kaufpreises in Rechnung stellen kann. Hievon wird in der Praxis selten Gebrauch gemacht. Im Übrigen würde eine solche Vereinbarung eines beigeordneten Rechtsanwalts gegenüber der Staatskasse keine Geltung haben.
2. Kosten der BahnCard als notwendige Auslagen
Nach einer neueren Entscheidung des OLG Celle (Beschl. v. 21.12.2020 – 4 StE 1/17, AGS 2021, 109 [Burhoff], zfs 2021, 102 m. Anm. Hansens, JurBüro 2021, 138) können die Kosten einer BahnCard – im entschiedenen Fall war dies die BahnCard 50 – unter Umständen als notwendige Auslagen des Pflichtverteidigers angesehen werden.
3. Der Fall des OLG Celle
Im Falle des OLG Celle hatte der Pflichtverteidiger im Wege des Vorschusses die ihm für die Teilnahme an neun Hauptverhandlungsterminen angefallenen Gebühren und die entsprechenden ReiseauslagenâEUR™gegen die Landeskasse geltend gemacht. Daneben hat er – ebenfalls als Vorschuss – seine Aufwendungen für eine BahnCard 50 i.H.v. 432 EUR nebst Umsatzsteuer vorschussweise verlangt. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des OLG Celle hat die Aufwendungen für die Bahncard 50 abgesetzt, weil ein Beschluss über die Erforderlichkeit dieser Aufwendungen gem. § 46 Abs. 2 S. 1 RVG nicht vorläge. Die hiergegen gerichtete Erinnerung des Pflichtverteidigers hatte beim OLG Celle...