1. Gesetzliche Ausgangslage
a) Streitwert auch für Anwaltsgebühren maßgebend
Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Streitwert gerichtlich festgesetzt, so ist gem. § 32 Abs. 1 RVG diese Festsetzung auch für die Berechnung der Anwaltsgebühren maßgeblich. Gegen die gerichtliche Streitwertfestsetzung ist gem. § 68 Abs. 1 GKG unter den dort näher aufgeführten Voraussetzungen die Beschwerde gegeben. Durch eine zu hohe Streitwertfestsetzung ist im Regelfall die Partei beschwert, die die Gerichtskosten zu tragen hat. Gegen eine zu niedrige Wertfestsetzung kann die Landeskasse, vertreten durch den Bezirksrevisor, Beschwerde mit dem Ziel der Anhebung des Streitwertes erheben. Da jedoch infolge der Regelung in § 32 Abs. 1 RVG auch die Interessen des Prozess- bzw. Verfahrensbevollmächtigten der Partei berührt sind, räumt § 32 Abs. 2 S. 1 RVG dem Rechtsanwalt die Möglichkeit ein, die nach § 68 Abs. 1 GKG gegebenen Rechtsbehelfe aus eigenem Recht und in eigenem Namen einzulegen.
b) Gesonderte Festsetzung des Gegenstandswertes
Wenn sich die Anwaltsgebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwert berechnen oder ein solcher Streitwert nicht festgesetzt worden ist, weil bei Gericht Festbetragsgebühren anfallen, gewährt § 33 Abs. 1 RVG die Möglichkeit, dass das Prozessgericht den Gegenstandswert auf Antrag durch Beschluss gesondert festsetzt. Ein solcher Antrag ist gem. § 33 Abs. 2 S. 1 RVG erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Nach § 33 Abs. 2 S. 2 RVG sind Antragsberechtigte der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und – in den Fällen der Beiordnung des Rechtsanwalts – auch die Staatskasse. Somit kann der als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigte tätig gewesene Rechtsanwalt dann, wenn für die Gerichtsgebühren keine Streitwertfestsetzung erfolgt ist, die gesonderte Festsetzung des Gegenstandswertes beantragen. Auf dieser Grundlage kann er die ihm in dem betreffenden gerichtlichen Verfahren angefallenen Gebühren abrechnen. Worauf der Rechtsanwalt bei der dann ergangenen Entscheidung achten muss, ergibt sich aus dem Beschluss des KG vom 17.5.2021 – 20 W 19/21 (zfs 2022, 46 mit Anm. Hansens, AGS 2021, 281 [N.âEUR™Schneider], JurBüro 2021, 578).
2. Der Fall des Kammergerichts
Auf Antrag des Beklagtenvertreters hatte das LG Berlin den Gegenstandswert allgemein "für die anwaltliche Tätigkeit" in bestimmter, vom KG nicht genannter, Höhe festgesetzt. Hiergegen hat der Klägervertreter Beschwerde eingelegt. Diese hatte beim KG teilweise Erfolg.
3. Zulässigkeit der Beschwerde
a) Gesetzliche Regelung
Gegen den Beschluss, durch den über einen Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes (s. § 33 Abs. 1 RVG) entschieden worden ist, können die Antragsberechtigten gem. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt. Gemäß § 33 Abs. 3 S. 2 RVG ist die Beschwerde auch zulässig, wenn das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Antragsberechtigt und damit auch beschwerdeberechtigt sindâEUR™die in § 33 Abs. 2 S. 2 RVG genannten Beteiligten; der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, einâEUR™erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen der Beiordnung des Rechtsanwalts auch die Staatskasse. Ferner muss die zwei Wochen betragende Beschwerdefrist gewahrt sein (s. § 33 Abs. 3 S. 3 RVG).
Das KG hat in seiner Entscheidung die Zulässigkeit der Beschwerde des Klägervertreters auch auf § 66 Abs. 2 GKG gestützt, der allerdings nur für die Beschwerde in Verfahren betreffend die Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz gilt. Das GKG ist jedoch im Verfahren auf Festsetzung des Gegenstandswertes nicht anwendbar. § 33 RVG enthält hinsichtlich der Rechtsbehelfe in Verfahren auf Festsetzung des Gegenstandswertes eine in sich abgeschlossene Regelung. Eine Verweisung auf Vorschriften des GKG enthält § 33 RVG folglich nicht.
b) Beschwer des Beschwerdeführers
Soweit das LG Berlin den Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit auch des Klägervertreters festgesetzt hatte, ist der Klägervertreter, durch die ohne jede Beschränkung auf den Antragssteller erfolgte Festsetzung des Gegenstandswertes, beschwert. Soweit der Rechtsanwalt des Klägers jedoch darüber hinaus die vollständige Aufhebung des Beschlusses auch insoweit begehrt hat, als es die anwaltliche Tätigkeit des Beklagtenvertreters betrifft, fehlte es an einer Beschwer des Klägervertreters, so dass die Beschwerde des Klägervertreters insoweit unzulässig war.
4. Festsetzung nur für den antragstellenden Anwalt
Soweit die Beschwerde des Klägervertreters zulässig war, hat das KG sie auch als begründet angesehen. Dies hat das KG damit begründet, dass die Festsetzung des Gegenstandswertes gem. § 33 RVG nur für die Gebühren desjenigen Anwalts gilt, der den Antrag gestellt hat (s. Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, § 33 Rn 10; Toussaint, Kostenrecht, § 33 RVG Rn 12). Da vorliegend nur der Beklagtenvertreter gem. § 33 Abs. 1 RVG den Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes gestellt hatte, das LG Berlin jedoch den Gegenstandswert allgemein "für die anwaltliche Tätigkeit" festgesetzt hatte, hat das KG die Wertfestsetzung ausdrücklich auf die anwal...