Mietrecht ist Teil des Schuldrechts. Das Schuldrecht begründet nur relative Rechte und Pflichten, also nur zwischen den jeweiligen Vertragspartnern und nicht gegenüber Dritten. Das bedeutet, dass grds. der Mieter nur gegenüber seinem Vertragspartner, also dem Vermieter, ein Recht zum Besitz hat. Veräußert der Vermieter, stünde dem neuen Eigentümer gem. § 985 BGB ein Herausgabeanspruch bzgl. der Mietsache zu. Dem Mieter verblieben nur Schadensersatzansprüche gegenüber dem ursprünglichen Vermieter. Nach allgemeinem Recht "bricht" Kauf also Miete! So ist die Rechtslage auch heute noch bei der Mobiliarmiete. Wegen der besonderen Bedeutung der Wohnung und anderer Immobilien hat der Gesetzgeber aber schon bei Schaffung des BGB den Grundsatz dahingehend modifiziert, dass Kauf dochâEUR™nicht Miete bricht. Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber gem. § 566 Abs. 1 BGB anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. Die Regelung gilt gem. § 578 Abs. 1 BGB ebenso für die Grundstücksmiete, gem. § 578 Abs. 2 BGB für die Gewerberaummiete, gem. § 581 Abs. 2 BGB für die Landpacht, gem. § 14 BJagdG für die Jagdpacht und nach Art. 69 EGBGB und den maßgeblichen Landesgesetzen für die Fischereipacht. Gemäß § 57 ZVG ist die Vorschrift auch in Fällen der Zwangsversteigerung anwendbar, wobei die Versteigerungsbedingungen andere Bestimmungen enthalten können (s.u. und BGH, Urt. v. 15.9.2021 – VIII ZR 76/20, WuM 2021, 686, GE 2021, 1426, NZM 2021, 843, DWW 2021, 376, ZMR 2021, 964, NJW 2022, 473, MDR 2022, 230; MietPrax-AK § 57a ZVG Nr. 1 m. Anm. Börstinghaus; Börstinghaus jurisPR-BGHZivilR 22/2021 Anm. 2; Beyer jurisPR-MietR 23/2021 Anm. 3; Drasdo NJW-Spezial 2021, 705; Lehmann-Richter MietRB 2021, 349; Schneider NJW 2022, 438).
Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist Voraussetzung für die Anwendung des § 566 Abs. 1 BGB, dass "der Vermieter veräußert". Dies wird als Identität bezeichnet. Seit Jahrzehnten ist strittig, ob die Vorschrift auch gilt oder zumindest analog anzuwenden ist, wenn es an dieser Identität fehlt. 2017 hat der XII. Senat sich für eine Analogie der Norm ausgesprochen (BGH, Urt. v. 12.6.2017 – XII ZR 26/16, BGHZ 215, 236, GE 2017, 1086, MDR 2017, 1234, ZMR 2017, 968, ZfIR 2017, 729, NZM 2017, 847, MietPrax-AK § 550 BGB m. Anm. Börstinghaus; Ders. LMK 2017, 394782; Ders. jurisPR-BGHZivilR 18/2017 Anm. 2; Burbulla MietRB 2017, 285; Lammel jurisPR-MietR 20/2017 Anm. 3; Drasdo NJW-Spezial 2017, 610), wenn die Vermietung (a) mit Zustimmung des Eigentümers, (b) in dessen alleinigem wirtschaftlichen Interesse erfolgt und (c) der Vermieter kein eigenes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses hat. Alle drei Voraussetzungen müssen bei Abschluss des Mietvertrags bereits vorliegen, damit dieser auf den Erwerber übergeht. Wie der Senat aktuell entschieden hat, ist eine Analogie nicht möglich, wenn der Grundstückseigentümer erst im Zeitpunkt der Veräußerung des vermieteten Grundstücks ein wirtschaftliches Interesse am Eintritt des Erwerbers in den bestehenden Mietvertrag hat (BGH, Urt. v. 27.10.2021 – XII ZR 84/20, ZAP EN-Nr. 105/2022 [Ls.] = NZM 2022, 58, GE 2022, 37, MietPrax-AK § 566 BGB Nr. 22 m. Anm. Börstinghaus; Börstinghaus jurisPR-BGHZivilR 2/2022 Anm. 3).