1. Flächenabweichungen
Abweichungen zwischen vereinbarter und tatsächlicher Fläche können einen Mangel der Mietsache darstellen. Dies gilt sowohl bei Abweichungen unter (BGH, Urt. v. 25.11.2021 – XII ZR 40/19, ZAP EN-Nr. 63/2021 = MDR 2021, 224, GE 2021, 175, WuM 2021, 97, ZMR 2021, 306, MietPrax-AK § 536 BGB Nr. 63 m. Anm. Eisenschmid; Bieber GE 2021, 152; Mettler MietRB 2021, 76; Börstinghaus jurisPR-BGHZivilR 6/2021 Anm. 2; Eisenschmid jurisPR-MietR 7/2021 Anm. 2; Drasdo NJW-Spezial 2021, 193; Börstinghaus LMK 2021, 804815) wie auch über 10 %. Im letzten Fall wird aber unwiderlegbar vermutet, dass es hierdurch zu einer Gebrauchsbeeinträchtigung kommt. Erforderlich ist in beiden Fällen sowohl die Feststellung der Soll- wie auch der Istbeschaffenheit. Die Sollbeschaffenheit ergibt sich aus dem Mietvertrag. Dabei wird häufig übersehen, dass die Mietvertragsparteien eines Wohnraummietvertrags wirksam vereinbaren können, welche Flächen in die Berechnung der Wohnfläche einzubeziehen sind (BGH, Beschl. v. 22.6.2021 – VIII ZR 26/20, GE 2021, 1191, WuM 2021, 609, NZM 2021, 759 ZMR 2022, 17, MietPrax-AK § 536 BGB Nr. 64 m. Anm. Eisenschmid; Börstinghaus jurisPR-MietR 22/2021 Anm. 2; Heix WuM 2022, 1). Dies gilt insb. für die Freiflächen wie Balkone, Loggien und Terrassen.
2. Umfeldmängel
Die Feststellung der geschuldeten Sollbeschaffenheit gilt auch für die Frage, welche Umfeld- und Umwelteinflüsse auf die Mietsache einen Mangel darstellen. Der BGH hat bekanntlich mit seiner sog. Bolzplatzentscheidung (BGH, Urt. v. 29.4.2015 – VIII 197/14, BGHZ 205, 177, GE 2015, 849, NZM 2015, 481, NJW 2015, 2177, WuM 2015, 478, DWW 2015, 250, ZMR 2015, 697, MietPrax-AK § 536 BGB m. Anm. Eisenschmid; Börstinghaus jurisPR-BGHZivilR 12/2015 Anm. 2; Schach MietRB 2015, 225; Föller WuM 2015, 485; Drasdo NJW-Spezial 2015, 513; Ghassemie-Tabar NJW 2015, 2849; Blank MDR 2015, 1114; Boos LMK 2015, 373443; Selk NZM 2015, 855; Schläger ZMR 2016, 362; Flatow WuM 2016, 459; Klimesch ZMR 2016, 516) hierzu die Auffassung vertreten, dass eine konkludent getroffene Beschaffenheitsvereinbarung nicht schon dadurch zustande kommt, dass dem Vermieter eine bestimmte Beschaffenheitsvorstellung des Mieters bekannt ist. Erforderlich ist vielmehr, dass der Vermieter darauf in irgendeiner Form zustimmend reagiert. Nachträglich erhöhte Geräuschimmissionen, die von einem Nachbargrundstück ausgehen, begründen danach bei Fehlen einer anderslautenden Beschaffenheitsvereinbarung grds. keinen zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Wohnung, wenn auch der Vermieter die Immissionen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 BGB als unwesentlich oder ortsüblich hinnehmen muss. Insoweit hat der Wohnungsmieter an der jeweiligen Situationsgebundenheit des Mietgrundstücks teil.
Der Senat hat diese zum Teil kritisierte Rechtsprechung bekanntlich später in seiner "Baulückenentscheidung" verteidigt (BGH, Urt. v. 29.4.2020 – VIII ZR 31/18, WuM 2020, 407, NZM 2020, 598, GEâEUR™2020, 865, MDR 2020, 847, NJW 2020, 2884, ZMR 2020, 730, DWW 2020, 336, MietPrax-AK § 536 BGB Nr. 61 m. Anm. Eisenschmid; Eisenschmid WuM 2020, 477; Selk NZM 2020, 632; Bieber GE 2020, 835; Riecke MietRB 2020, 196). Eine Beschaffenheitsvereinbarung kann nicht mit dem Argument bejaht werden, die Freiheit der Wohnung von Baustellenlärm werde regelmäßig stillschweigend zum Gegenstand einer entsprechenden Beschaffenheitsvereinbarung der Mietvertragsparteien. Auch hier fehlt es an einer zustimmenden Willenserklärung des Vermieters. Die Darlegungs- und Beweislast richtet sich in diesen Fällen nicht nach den für nachbarrechtliche Ansprüche gem. § 906 BGB geltenden Grundsätzen, sondern nach den Grundsätzen des Wohnraummietrechts und insb. nach der dort grds. geltenden Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nach Verantwortungsbereichen. Demnach hat der Mieter darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass die von ihm angemietete Wohnung Immissionen ausgesetzt ist, die die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung unmittelbar beeinträchtigen, und dass es sich hierbei um eine wesentliche Beeinträchtigung i.S.d. § 906 Abs. 1 S. 1 BGB handelt. Beruft sich der Vermieter gegenüber dem Wohnungsmieter darauf, Ansprüche nach § 906 BGB gegen den Verursacher nicht zuâEUR™haben, hat er diejenigen Umstände, die dem Verhältnis zwischen ihm und dem Verursacher entstammen, vorzutragen und im Falle des Bestreitens zu beweisen.
Nunmehr hat der Senat (BGH, Urt. v. 24.11.2021 – VIII ZR 258/19, GE 2022, 93, ZAP EN-Nr. 104/2022, MietPrax-AK § 536 BGB Nr. 65 m. Anm. Eisenschmid; Börstinghaus MietRB 2022, 57) diese Rechtsprechung nochmals wiederholt und auch klargestellt. Nach Abschluss des Mietvertrags eintretende erhöhte Lärm- und Schmutzimmissionen begründen, auch wenn sie von einer auf einem Nachbargrundstück eines Dritten betriebenen Baustelle herrühren, bei Fehlen anderslautender Beschaffenheitsvereinbarungen grds. keinen gem. § 536 Abs. 1 S. 1 BGB zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung, wenn auch der Vermieter die Immissionen ohn...