1. Anwendung nur bei Neuvermietungen
Die sog. Mietpreisbremse gilt vom Wortlaut, der Systematik und ihrem Sinn und Zweck nach nur für die Wiedervermietung einer Wohnung und nicht für Bestandsmietenerhöhungen. Auch eine analoge Anwendung der Regelungen auf Bestandsmietenerhöhungen ist nicht möglich. Mit der erstmaligen Einführung einer Preisgrenze für Neuvermietungen wollte der Gesetzgeber der Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Wohnquartieren entgegenwirken. Angesichts des eindeutigen gesetzgeberischen Willens, wonach die Vorschriften nur für Vereinbarungen über die Miethöhe bei Vertragsbeginn und gerade nicht für Mieterhöhungen in einem laufenden Mietverhältnis gelten sollen, fehlt es bereits an einer für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke. Dafür fehlt auch jeder Regelungsbedarf (so schon BGH MietPrax-AK § 312 BGB Nr. 2), da ein Mieter in einem bestehenden Mietverhältnis durch die Regelungen der §§ 558 ff. BGB umfassend geschützt wird (BGH, Urt. v. 28.9.2022 – VIII ZR 300/21, NZM 2022, 954 = GE 2022, 1201 = DWW 2022, 378 = WuM 2022,739 = MDR 2023, 95 m. Anm. Börstinghaus, jurisPR-BGHZivilR 23/2022 Anm. 1; Börstinghaus, LMK 2022, 816812; Beuermann, GE 2022, 1179; Monschau, MietRB 2022, 343; Artz, NZM 2023, 14; Drasdo, NJW-Spezial 2023, 65).
Hat der Mieter einer Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete zugestimmt, liegt hierin eine Änderung des Mietvertrags. Der Mieter schuldet die neue Miete, der er zugestimmt hat, und nicht den Erhöhungsbetrag als Zuschlag. Das hat zu Konsequenz, dass damit die ursprüngliche Mietvereinbarung und alle danach erfolgten Mieterhöhungen der Höhe nach vertraglich vereinbart werden. Das hat zwei Konsequenzen: (1) Eventuelle Verstöße gegen die sog. Mietpreisbremse können für die Zeit nach Wirksamwerden der Zustimmung nicht mehr geltend gemacht werden, da es sich um eine Bestandsmietenerhöhung handelt. (2) Bedeutung hat die Entscheidung aber auch für frühere Modernisierungsmieterhöhungen. Wenn diese formell oder materiell fehlerhaft waren, z.B. weil der nach neuerer Rechtsprechung erforderliche Abzug für fiktive Erhaltungskosten nicht vorgenommen wurde, scheiden Rückforderungsansprüche gem. § 812 BGB für die Zeit nach der Zustimmung auf die ortsübliche Vergleichsmiete aus. Auch hier bezieht sich die Zustimmung auf die gesamte neue Miete für die Wohnung.
2. Geltendmachung der Rüge
Eine Miete, die gegen die Vorschriften der sog. Mietpreisbremse verstößt, ist teilnichtig. Das hat Bedeutung für Zahlungs- oder Räumungsklage, denen vermeintliche Ansprüche zugrunde liegen, die der Mieter bisher nicht erfüllt hat. Rügen muss der Mieter dies nicht. Die Rüge ist aber immer dann erforderlich, wenn der Mieter bereits gezahlte Mieten kondizieren will. Die Rechtslage hat sich hier mehrfach geändert. Für Mietverträge, die bis 31.3.2020 abgeschlossen wurden, besteht der Anspruch nur für Zahlungen, die noch nach der Rüge erfolgten. Für danach abgeschlossene Verträge gilt dies nur für Rügen, die mehr als 30 Monate nach Mietvertragsabschluss erfolgen. In den übrigen Fällen kann der Mieter auch vor der Rüge geleistete Überzahlungen zurückverlangen. Das Mietverhältnis darf zum Zeitpunkt der Erhebung der Rüge nur nicht gekündigt sein. Was den Inhalt der Rüge angeht hat sich die Rechtslage auch geändert. Bei Mietverträgen, die bis 31.12.2018 abgeschlossen wurden, ist immer noch eine qualifizierte Rüge erforderlich. Die Rüge muss also konkrete Tatsachen enthalten. Für Mietverträge ab diesem Datum ist dies nur noch eingeschränkt erforderlich. Nur wenn der Vermieter den Mieter vor Vertragsschluss auf das Vorliegen einer der vier Ausnahmen gem. § 556g Abs. 1a BGB hingewiesen hat, muss sich die Rüge mit diesem Hinweis auseinandersetzen, anderenfalls bedarf es keiner Begründung. Die Rüge darf bei einer Mietermehrheit auch nur von einem einzelnen Mieter erhoben werden (BGH MietPrax-AK § 556g BGB Nr. 4). Der oder die Mieter können sich auch vertreten lassen. In diesem Fall ist es nicht erforderlich, dass der Rüge eine Originalvollmacht beigefügt wird. § 174 S. 1 BGB ist auf die Erhebung einer Rüge nach § 556g Abs. 2 BGB a.F. nicht – auch nicht analog – anwendbar (BGH, Versäumnisurt. v. 30.3.2022 – VIII ZR 283/21, WuM 2022, 395 = MDR 2022, 947 = NZM 2022, 707 = GE 2022, 101 = MietPrax-AK § 174 BGB Nr. 1 m. Anm. Börstinghaus; Dötsch, MietRB 2022, 250).
3. Rüge bei Staffelmieten
Die Begrenzung der Wiedervermietungsmiete gilt auch bei Staffelmietvereinbarungen. Gemäß § 557 Abs. 4 BGB sind die Grenzen der §§ 556d ff. BGB sowohl auf die Ausgangsmiete wie auch auf jede einzelne Staffel anzuwenden. Das bedeutet, dass der Rückzahlungsanspruch auch eine Rüge voraussetzt. Eine vom Mieter nach § 556g Abs. 2 BGB a.F. erhobene Rüge gegenüber der Ausgangsmiete wirkt aber gegenüber den folgenden Mietstaffeln fort und muss nicht wiederholt werden (BGH, Versäumnisurt. v. 30.3.2022 – VIII ZR 379/21, MDR 2022, 882 = NJW-RR 2022, 1092 = NZM 2022, 706 = GE 2022, 1001 = WuM 2022, 600 = MietPrax-AK § 557a BGB Nr. 17 m. Anm. Börstinghaus).