Sowohl im laufenden Arbeitsverhältnis als auch nach dessen Beendigung besteht ein Interesse der Vertragsparteien daran, rasch Klarheit hinsichtlich der Frage zu erzielen, ob und inwieweit sie von der Gegenpartei noch aus dem Arbeitsverhältnis in Anspruch genommen werden können. Ausschlussfristen enthalten rechtsvernichtende Inhaltsnormen. Ein bestehendes Recht erlischt, wenn es nicht innerhalb der Frist geltend gemacht wird.
Hinweis:
Es ist unerheblich, ob die Fristen den Parteien bekannt sind. Die Gerichte haben Ausschluss- und Verfallfristen von Amts wegen und nicht erst auf Einwand hin zu berücksichtigen. Daher sind bei der Mandatsannahme stets die bestehenden Ausschlussfristen – nach Arbeitsvertrag, aber auch Tarifvertrag – zu prüfen.
Man unterscheidet ein- und zweistufige Ausschlussfristen:
- Einstufige Ausschlussfristen: Etwaige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis entfallen, wenn sie nicht binnen einer bestimmten Frist (und regelmäßig auch in einer näher definierten Form) gegenüber dem Vertragspartner geltend gemacht werden.
- Zweistufige Ausschlussfristen: Diese sehen zusätzlich vor, dass gegenüber dem Vertragspartner geltend gemachte, von diesem jedoch abgelehnte Ansprüche auf der zweiten Stufe binnen einer bestimmten Frist auch gerichtlich geltend gemacht werden müssen, um den Verfall der Ansprüche zu verhindern.
Praxistipp:
Wegen der strengen Anforderungen der AGB-Kontrolle sollte eine aussagekräftige Überschrift gewählt werden. Zudem sollten Ausschlussfristen nicht versteckt unter der Überschrift „Verschiedenes” oder „Schlussbestimmungen” erscheinen.
Das BAG (Urt. v. 16.10.2019 – 4 AZR 66/18, NZA 2020, 260) geht davon aus, dass eine Frist für die schriftliche Geltendmachung von weniger als drei Monaten im Rahmen einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist unangemessen kurz ist. Im Falle der Vereinbarung einer zweistufigen Ausschlussfrist empfiehlt sich eine Mindestfrist von drei Monaten auch auf der zweiten Stufe, also hinsichtlich der gerichtlichen Geltendmachung etwaiger Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.
Das BAG erachtet Klauseln, die bzgl. des Beginns der Ausschlussfrist nicht an die Fälligkeit der Ansprüche anknüpfen, sondern z.B. allein auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abstellen, als nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, da sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen. Daher ist im Rahmen der Arbeitsvertragsgestaltung stets an die Fälligkeit der Ansprüche und nicht an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzustellen.
Darüber hinaus ist § 309 Nr. 13 BGB zu beachten. Dieser sieht vor, dass Bestimmungen in AGB unwirksam sind, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder Dritten gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Textform (§ 126b BGB) oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden. Es darf insbesondere hinsichtlich der 1. Stufe nicht mehr an eine schriftliche Geltendmachung angeknüpft werden. Vielmehr ist bereits die Textform nach § 126b BGB ausreichend.
Schließlich unterliegt die Reichweite von Ausschlussfristen häufig einer gerichtlichen Überprüfung. So ist eine Erleichterung der Verjährung für die Haftung wegen Vorsatzes durch § 202 Abs. 1 BGB explizit verboten. Dies gilt auch, wenn es sich um einen individuell vereinbarten Vertrag handelt. Das BAG (Urt. v. 26.9.2013 – 8 AZR 1013/12, NZA-RR 2014, 177) wendet dieses Verbot auch auf Ausschlussklauseln an. Ein Verstoß führt zudem zur Gesamtnichtigkeit der Klausel (BAG, Urt. 24.9.2019 – 9 AZR 273/18, NZA 2020, 310).
Praxistipp:
In der Praxis ist unbedingt zu empfehlen, in Ausschlussklauseln die Haftung wegen Vorsatzes aus dem Anwendungsbereich auszuschließen. Dies sollte durch eine ausdrückliche Formulierung erfolgen, ansonsten besteht das Risiko, dass die gesamte Klausel nichtig ist.
Ausschlussklauseln, die Ansprüche auf gesetzlichen Mindestlohn nicht ausdrücklich vom Geltungsbereich der Ausschlussklausel ausnehmen, sind wegen des Verstoßes gegen das Transparenzgebot ebenfalls unwirksam (BAG, Urt. 18.9.2018 – 9 AZR 162/18, NZA 2018, 1619).
Hinweis:
In der Vertragsklausel sollten klarstellend alle gesetzlich unverzichtbaren Ansprüche unter exemplarischen Hinweis auf entsprechende Gesetze wie MiLoG, TVG etc. aus der Ausschlussklausel herausgenommen werden.
Zudem sollte die Ausschlussfrist Ansprüche wegen der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit sowie wegen vorsätzlicher Pflichtverletzung ausdrücklich ausnehmen (vgl. BAG, Urt. v. 28.9.2017 – 8 AZR 67/15, NZA 2018, 589).
Von großer Bedeutung ist bei der Gestaltung von Ausschlussklauseln der im Vertragstext enthaltene klare und deutliche Hinweis auf die Rechtsfolge des Verfalls von Ansprüchen bei nicht frist- bzw. formgerechter Geltendmachung. Im Vertrag ist ausdrücklich klarzustellen, dass die Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht in der vorgesehenen Form und/oder Frist geltend gemacht werden. Fehlt ein solch klarer Hinweis, wird schon hieraus regelmäßig die Rechtsunwirksamkeit der Regelung folgen.
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