Bevor man sich der juristischen Betrachtung von Domainnamen zuwendet, ist es zwingend erforderlich, sich einen Überblick über die technischen Grundlagen zu verschaffen. Denn ohne beispielsweise die Kenntnis des Unterschieds zwischen einer Top- und einer Second-Level-Domain wird man keine vernünftige rechtliche Wertung vornehmen können.
Eine Domain ist sozusagen die Anschrift einer Internetseite, so führt beispielsweise die Eingabe von http://www.ra-rohrlich.de zum Internetauftritt des Autors. Die einzelnen Bestandteile einer Domain sind die folgenden:
- "http" = kurz für hypertext transfer protocol (Technik zur Darstellung von Internetseiten auf Computern),
- "://" = Trennzeichen,
- "www" = Bezeichnung des Webservers und Kurzform für World Wide Web,
- "ra-rohrlich" = Domainname (sog. Second-Level-Domain),
- "de" = Domainendung (sog. Top-Level-Domain).
a) Domainrecht
Aus domainrechtlicher Sicht sind insbesondere die Top-Level- und die Second-Level-Domain interessant, da es hier die in der Praxis am häufigsten auftauchenden Problemstellungen gibt. In aller Regel geht es um Kennzeichenrechte, also um Streitigkeiten im Bereich des Namens- oder Markenrechts. Daher ist es ideal, wenn noch vor Durchführung der Registrierung eine Recherche in dieser Hinsicht durchgeführt wird, z.B. mittels Google & Co. oder auch in der Online-Datenbank des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA).
Im Domainrecht gilt, ähnlich wie im Markenrecht, der Prioritätsgrundsatz ("first come, first served"). Von diesem Grundsatz wird im Einzelfall eine Ausnahme gemacht, wenn derjenige, der den zeitlich ersten Antrag auf Registrierung einer Domain gestellt hat, sich einer vergleichsweise übermächtigen Rechtsposition gegenübersieht. So war es beispielsweise im shell.de -Fall, der letztendlich vom BGH entschieden wurde (Urt. v. 22.11.2001 – I ZR 138/99, NJW 2002, 2031). Obgleich die Privatperson namens Shell bei der Registrierung der Domain schneller als der gleichnamige Mineralölkonzern war, wurden letzterem die Nutzungsrechte an www.shell.de zugesprochen. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass zwar am Prioritätsgrundsatz festzuhalten sei, es allerdings Ausnahmen geben müsse. Eine solche sei in diesem Fall gegeben, in dem ein weltweit bekannter Konzern mit den entsprechenden Namens- und Markenrechten einer unbekannten Privatperson gegenüberstehe und der Verkehr eben dieses Unternehmen zu finden erwartet. Der kennzeichenrechtliche Schutz aus §§ 5, 15 MarkenG gehe in seinem Anwendungsbereich grundsätzlich dem Namensschutz aus § 12 BGB vor, so der BGH.
b) Namensrecht
Eine unzulässige Namensanmaßung liegt dann vor, wenn sich jemand einen Domainnamen sichert, ohne dass ihm ein entsprechendes Namensrecht zusteht. Zusätzlich wird von der Rechtsprechung verlangt, dass durch die Anmaßung des fremden Namens eine Zuordnungsverwirrung entsteht, durch die dann die schutzwürdigen Interessen des eigentlich Berechtigten verletzt werden.
Hinweis:
Nicht erst durch die tatsächliche Nutzung, sondern bereits durch die Registrierung einer Domain kann eine Namensanmaßung begangen werden.
Ein weiterer Aspekt neben der berechtigten Namensnutzung sowie dem Prioritätsgrundsatz ist die Erwartungshaltung der potentiellen Besucher der Internetseite. Im Einzelfall kann es also auch einem berechtigten Namensträger zuzumuten sein, auf eine andere Namens-Kombination auszuweichen. Darüber hinaus ist es mitunter geboten, auf der Startseite eines Internetangebots einen klarstellenden Hinweis anzubringen, wie bzw. wo die ähnlich klingende Website zu erreichen ist.
Hinweis:
Populäres Beispiel für einen solchen klarstellenden Hinweis ist die Website bgh.de. Obgleich die meisten Besucher hier wohl den Internetauftritt des BGH erwarten, war das Unternehmen Boschgotthardshütte offensichtlich schneller bei der Registrierung dieser Domain. Es findet sich daher auf der Startseite ein Hinweis auf www.bundesgerichtshof.de .
c) Markenrecht
In Bezug auf Domainnamen ist, außer im rein privaten Umfeld, ebenfalls das Markenrecht zu beachten. Die wichtigste Funktion einer Marke ist ihr betrieblicher Herkunftshinweis. Sie muss also dazu geeignet sein, das mit ihr gekennzeichnete Produkt oder die damit versehene Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu identifizieren. Daher können prinzipiell solche Zeichen nicht als Marke eingetragen werden, denen jegliche Unterscheidungskraft fehlt oder die rein beschreibend sind (sog. Gattungszeichen). Aus diesem Grund kann die Nutzung eines Gattungszeichens als Domain auch nicht auf Basis des Markenrechts untersagt werden. Ein Anspruch des Markeninhabers auf eine gleich bzw. ähnlich lautende Domain wurde daher z.B. in den Fällen "fliesen24" (LG Hamburg, Urt. v. 25.10.2011 – 312 O 118/11, GRUR-RR 2012, 157) oder auch "test24" (OLG Hamburg, Urt. v. 8.2.2007 – 3 U 109/06, GRUR-RR 2007, 399) abgelehnt. Denn ein entsprechendes Freihaltebedürfnis, wie es im Markenrecht vorgesehen ist, besteht im Bereich des Domainrechts nicht.
Es muss zusätzlich auch eine Verwechslungsgefahr gegeben sein. Ausgehend vo...