Was ein "Arbeitsverhältnis" ist, lässt sich begrifflich nicht ohne weiteres bestimmen. Grundsätzlich ist es jedenfalls ein Dienstverhältnis mit besonderer Gestaltung der Rechte und Pflichten der Vertragspartner. Methodisch wird i.d.R. daran angeknüpft, ob ein (ehemaliger) Arbeitnehmer gegen einen (ehemaligen) Arbeitgeber klagt bzw., ob die umgekehrte Konstellation gegeben ist. Berufs- oder Tätigkeitsbezeichnungen ermöglichen insoweit allenfalls eine vorläufige Einordnung, die anhand weiterer Umstände zu hinterfragen ist.
aa) Beamte und selbständige Handelsvertreter
§ 5 ArbGG hilft nicht immer weiter. Abs. 2 der Vorschrift, gemäß dem Beamte keine Arbeitnehmer sind, ist allerdings eindeutig. Abs. 3 der Vorschrift ist immerhin recht konkret. Für eine Klage gegen einen selbständigen Handelsvertreter, dem verboten ist, für ein Konkurrenzunternehmer tätig zu sein und der eine anderweitige Tätigkeit frühestens 21 Tage nach Eingang seiner Anzeige und Vorlage von Unterlagen über diese Tätigkeit aufnehmen darf, ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet (BGH, Beschl. v. 18.7.2013 – VII ZB 27/12).
Hinweis:
Der Umstand allein, dass der Beklagte das Warensortiment der Klägerin zu vertreiben und die Werbemittel der Klägerin zu verwenden hatte, reicht für die Annahme einer Arbeitnehmereigenschaft des Beklagten nicht aus (OLG Bremen, Urt. v. 14.1.1997 – 3 U 56/96).
bb) Arbeitnehmerähnliche Personen
Arbeitnehmerähnliche Personen i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG sind neben Heimarbeitern Selbständige, welche wegen fehlender oder gegenüber Arbeitnehmern geringerer Weisungsgebundenheit, oft auch wegen fehlender oder geringerer Eingliederung in eine betriebliche Organisation im Vergleich zu Arbeitnehmern in einem wesentlich geringeren Maße persönlich abhängig sind. Wirtschaftliche Abhängigkeit kann vorliegen, wenn der Vertragspartner aufgrund eines Dienstvertrags überwiegend für eine Person tätig ist, die geschuldete Leistung indessen persönlich und ohne Mitarbeit von Arbeitnehmern erbringt (LAG Hamm, Beschl. v. 19.5.2006 – 2 Ta 476/05). Häufig werden sie als "freie Mitarbeiter" bezeichnet. Die Bezeichnung des Vertrags als "freier Mitarbeitervertrag" ist für die rechtliche Einordnung aber ebenso wenig relevant wie die ausdrückliche Feststellung, dass das Vertragsverhältnis kein Arbeitsverhältnis begründe (LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 27.10.2010 – 6 Ta 209/10).
Beispiele:
- So kann sich eine Rechtsanwältin, die als freie Mitarbeiterin in einem Anwaltsbüro tätig ist, auch dann in einer arbeitnehmerähnlichen Situation befinden, wenn sie die Möglichkeit hat, eigene Mandanten zu betreuen und ein Weiterbildungsstudium betreibt (LAG Köln, Beschl. v. 6.5.2005 – 4 Ta 40/05).
- Eine Dozentin, die an einer Bildungseinrichtung Unterricht erteilt, kann – abhängig von der tatsächlichen Vertragsdurchführung im Einzelfall – Arbeitnehmerin sein (LAG Hamm, Beschl. v. 9.1.2014 – 2 Ta 373/13).
- Ein Prospektverteiler ist jedenfalls dann kein Arbeitnehmer, wenn nur die Stückzahl der zu verteilenden Werbebroschüren festgelegt ist und für die Verteilungszeit bloß ein Rahmen vorgegeben ist (LG Darmstadt, Beschl. v. 9.3.2000 – 5 T 1294/99).
- Auch bei einer Streitigkeit zwischen einem Fußballverein und einem Vertragsamateur ist selbst bei Zahlung eines Entgelts der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht gegeben, weil die vereinsrechtliche Bindung überwiegt (ArbG Hannover, Beschl. v. 17.7.1997 – 10 Ga 2/97).
- Wird einem Bildungszentrum von einem Amt eine Person als "Ein-Euro-Jobber" zugewiesen, dann sind, wenn um die Beendigung dieses Rechtsverhältnisses gestritten wird, indessen die Sozialgerichte zuständig (ArbG Bautzen, Beschl. v. 26.5.2005 – 2 Ca 2151/05).
cc) Juristische Personen/Personengesamtheit
Kompliziert kann es im Falle von § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG werden. Die Vorschrift knüpft an den Betrieb einer juristischen Person oder Personengesamtheit, die durch Organe handelt, an. Haben die Parteien ausdrücklich einen Arbeitsvertrag geschlossen, ist der Vertrag als solcher einzuordnen (LAG Frankfurt, Beschl. v. 27.12.2012 – 19 Ta 379/12). Für Klagen eines "angestellten Geschäftsführers" einer Einzelhandelsfirma ist dennoch der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet, wenn die Vertragsparteien den Anstellungsvertrag als "Arbeitsvertrag" bezeichnet haben (LAG Nürnberg, Beschl. v. 28.6.2004 – 9 Ta 124/04). Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gegeben, wenn ein Vertrag zunächst die Einstellung als Arbeitnehmer ("Generalsekretär") und erst später die Bestellung zum Vereinsvorstand vorsieht, diese aber eine Satzungsänderung voraussetzt, die im Kündigungszeitpunkt noch nicht im Vereinsregister eingetragen war (LAG Hessen, Beschl. v. 5.8.2002 – 9 Ta 199/02). Verfügt ein in einer GmbH mitarbeitender Gesellschafter über mehr als 50 Prozent der Stimmrechte, steht er regelmäßig nicht in einem Arbeitsverhältnis zur Gesellschaft (BAG, Beschl. v. 17.9.2014 – 10 AZB 43/14). Wird eine GmbH im Wege des Formwechsels in eine GmbH & Co. KG umgewandelt, endet die Organstellung des Geschäftsführers der GmbH erst mit der Eintragung der Umwandlung im Handelsregister (LAG Hessen, Be...