Das Recht der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung soll vollständig neu gefasst werden. Dies sieht ein Gesetzesvorhaben vor, das der Bundesjustizminister Anfang März vorgestellt hat. Danach wird das derzeit geltende Recht der "hohen kriminalpolitischen Bedeutung der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung" nicht gerecht.

Zwar würden das StGB mit dem Institut des Verfalls und die StPO mit der Möglichkeit der vorläufigen Sicherstellung von Vermögenswerten der Strafjustiz auch derzeit schon ein Abschöpfungsmodell an die Hand geben. Dieses Regelungswerk sei jedoch äußerst komplex und unübersichtlich, zudem sei es mit zahlreichen rechtlichen Zweifelsfragen belastet, heißt es in der Entwurfsbegründung. Mit besonderen tatsächlichen und rechtlichen Problemen sei die Opferentschädigung verbunden. Sie folge dem Regelungsmodell der "Rückgewinnungshilfe". Nach § 73 Abs. 1 StGB sei der Verfall, also die Abschöpfung deliktisch erlangter Vermögenswerte, bei bestehenden Schadensersatzansprüchen der Verletzten ausgeschlossen. Die Strafjustiz könne Vermögenswerte für die Geschädigten lediglich vorläufig sichern. Für die zivilrechtliche Durchsetzung ihrer Ansprüche müssten die Tatopfer selbst sorgen. Angesichts der Komplexität des Regelungswerks sehe sich die mit stetig steigender Arbeitsbelastung konfrontierte Strafjustiz häufig gezwungen, von vermögensabschöpfenden Maßnahmen abzusehen. Dieser Zustand sei weder kriminalpolitisch noch unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten befriedigend.

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt deshalb das Ziel, das Recht der Vermögensabschöpfung durch eine grundlegende Reform zu vereinfachen und "nicht vertretbare Abschöpfungslücken" zu schließen. Kernstück des Reformvorhabens stellt die grundlegende Neuregelung der Opferentschädigung dar. Deren Dreh- und Angelpunkt ist die Streichung des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB. Das bisherige Regelungsmodell der "Rückgewinnungshilfe" wird damit hinfällig, die komplizierte Vorschrift über den staatlichen Auffangrechtserwerb überflüssig. Das Strafverfahren soll von zivilrechtlichen Fragen befreit und die Vermögensabschöpfung erheblich vereinfacht und erleichtert werden.

Die Ansprüche der Tatgeschädigten sollen künftig grundsätzlich im Strafvollstreckungsverfahren befriedigt werden. Ist der aus der Tat erlangte Gegenstand noch vorhanden, wird er im Urteil eingezogen und an den Geschädigten zurückübertragen. Andernfalls ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrags an, der dem Wert des ursprünglich erlangten Gegenstands entspricht. Nach Eintritt der Rechtskraft werden die zur Sicherung dieser Wertersatzeinziehung sichergestellten Vermögensgegenstände verwertet und der Erlös wird an den oder die Verletzten ausgekehrt. Reicht der Wert der sichergestellten Vermögensgegenstände oder nach Verwertung der Erlös nicht aus, um sämtliche Schadensersatzansprüche zu befriedigen, werden die Verletzten in dem für die Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners vorgesehenen Verfahren der Insolvenzordnung entschädigt. Dieses Entschädigungsmodell soll den Tatgeschädigten einen einfachen und auch kostenlosen Weg bieten, Schadenswiedergutmachung zu erlangen.

Das Reformmodell zeichnet sich zudem – so heißt es im Entwurf – durch die Gleichbehandlung aller Verletzten aus und beende damit das bisher als unwürdig empfundene "Windhundrennen" bei einer Mehrheit von Geschädigten.

[Quelle: BMJV]

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