I. Einleitung
Der Berichtszeitraum war mietrechtlich gekennzeichnet durch die Diskussion in den einzelnen Bundesländern, welche Gemeinden jeweils in eine "Mietpreisbremse-Verordnung" aufgenommen werden sollten. Inzwischen sind das 289 Gemeinden, nachdem Bayern zum 1. Januar "nachgebessert" hat (s. dazu Börstinghaus, Liste der Gemeinden, in denen die Wiedervermietungsmiete begrenzt ist, ZAP F. 4, S. 1677). Erwartet werden noch Verordnungen in Thüringen (Erfurt und Jena) und Niedersachsen (mindestens in Hannover und Langenhagen). Der BGH (GE 2016, 113 = DWW 2016, 15 = NZM 2016, 82 = NJW 2016, 476 = MDR 2016, 205 = MietPrax-AK, § 558 BGB Nr. 35 m. Anm. Börstinghaus; ders. jurisPR-BGHZivilR 2/2016 Anm. 3; ders. LMK 2016, 376055; Blümmel GE 2016, 86; Kunze MietRB 2016, 30) hat jetzt klargestellt, dass die Zivilgerichte die Rechtmäßigkeit solcher Verordnungen ggf. überprüfen müssen. Gegen die Entscheidung ist Verfassungsbeschwerde eingelegt worden.
Im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) wird weiter über der Frage gebrütet, was die Koalitionäre mit den weiteren Vereinbarungen zum Mietrecht im Koalitionsvertrag wohl gemeint haben könnten. Die sog. 2. Tranche der Mietrechtsreformen ist hochpolitisch. Aus dem SPD geführten Ministerium wurden jetzt "Grundlinien zur weiteren Reform des Mietrechts in der 18. Legislaturperiode" (s. NZM 24/2015, S. V.) bekannt. Danach soll es bei der weiteren Novellierung um eine Veränderung des Begriffs der ortsüblichen Vergleichsmiete durch Erweiterung des maßgeblichen Zeitraums von vier auf zehn Jahre, eine Konkretisierung des Begriffs der anerkannten wissenschaftlichen Grundsätze der Mietspiegelerstellung, eine Begrenzung der Modernisierungsmieterhöhung gem. § 559 BGB durch Einführung sowohl einer prozentualen wie auch einer absoluten Kappung und schließlich um eine Ausweitung der Schonfristzahlung auf die ordentliche Kündigung gehen. Der Koalitionspartner ist der Auffassung, dass diese Vorschläge weit über die im Koalitionsvertrag vereinbarten Änderungen hinausgehen, und hat harten Widerstand angekündigt. Letztendlich wird die Entscheidung, was beschlossen wird, davon abhängen, mit welchen Themen welche Partei in den Wahlkampf im kommenden Jahr ziehen will und ob neben dem Flüchtlingsthema für andere Themen überhaupt noch Platz ist.
II. Mietvertrag
1. Schriftform
Die Einhaltung der Schriftform ist bei langfristigen Mietverträgen, nicht nur bei Abschluss des Mietvertrags, sondern auch bei späteren Änderungen, von besonderer Bedeutung. Ihre Missachtung kann erhebliche wirtschaftliche Folgen haben. Gerade bei späteren Vertragsänderungen kommt es immer wieder vor, dass es zu Schriftformmängeln kommt. Strittig war in der Vergangenheit, ob es eine Art Erheblichkeitsschwelle gibt, unterhalb derer die Parteien Vertragsänderungen oder -ergänzungen auch unter Missachtung des § 550 BGB vereinbaren können. Bei Mieterhöhungen wurde die aus anderen Bereichen hinlänglich bekannte 10 %-Grenze herangezogen mit der Folge, dass nur Mieterhöhungen über 10 % dem Schriftformerfordernis unterfallen sollten (KG NZM 2005, 457; Timme/Hülk NJW 2007, 3313, 3316); teilweise wurde diese Grenze sogar bei 20 % gezogen (Sternel, Mietrecht aktuell, IV Rn 15). Auf der andere Seite gab es Stimmen, die nur ganz unwesentliche Änderungen vom Schriftformerfordernis befreien wollten (Lindner-Figura in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, Kap. 6 Rn 70 und 64; Späth ZMR 2010, 585, 589: geringfügig allenfalls Veränderungen von 1–2 %).
Der BGH (BGH NJW 2016, 311 = WuM 2016, 28 = MDR 2016, 146 = NZM 2016, 98 = GE 2016, 189 = MietPrax-AK § 550 BGB Nr. 42 m. Anm. Eisenschmid; Burbulla MietRB 2016, 35; Schweitzer NZM 2016, 101) hatte sich mit einer Mieterhöhung um 1,5 % zu beschäftigen. Nach Ansicht des XII. Senats stellt jede Änderung der Miethöhe stets eine wesentliche und – jedenfalls soweit sie für mehr als ein Jahr erfolgt und nicht jederzeit vom Vermieter widerrufen werden kann – dem Formzwang des § 550 S. 1 BGB unterfallende Vertragsänderung dar. Von der Schriftform ausgenommen seien lediglich solche Abreden, die für den Inhalt des Vertrags, auf den die Parteien sich geeinigt haben, von nur nebensächlicher Bedeutung sind. Eine Mieterhöhung falle nie darunter. Bei der Miete handele es sich um eine Essentialia des Mietvertrags. Die Höhe der Miete sei für einen Erwerber, der ja vorrangig durch § 550 BGB geschützt werden soll, von besonderer Bedeutung. Dabei sei nicht nur das Interesse am Erhalt der Miete von Bedeutung, sondern auch die Möglichkeit des Vermieters zur fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs. Der BGH spricht davon, dass bereits die Nichtzahlung eines geringfügigen Erhöhungsbetrags bei einem langfristigen Mietvertrag "das Fass zum Überlaufen bringen" könne, also dazu führen kann, dass eine der Grenzen des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB überschritten wird. Nach Ansicht des Senats sei es angesichts der Vielgestaltigkeit von Mietverhältnissen nicht möglich, eine feste Prozentgrenze festzulegen, bis zu der eine Mietänderung nicht we...