Zitat
§ 9 Abs. 1 AÜG: (1) Unwirksam sind:
- Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat; der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer wird nicht unwirksam, wenn der Leiharbeitnehmer schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher erklärt, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so beginnt die Frist mit Eintritt der Unwirksamkeit,
- 1a. (...) (s.o. unter 6.)
- 1b. Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern mit dem Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer nach § 1 Absatz 1b, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
(2) Die Erklärung nach Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 1b (Festhaltenserklärung) ist nur wirksam, wenn
- der Leiharbeitnehmer diese vor ihrer Abgabe persönlich in einer Agentur für Arbeit vorlegt,
- die Agentur für Arbeit die abzugebende Erklärung mit dem Datum des Tages der Vorlage und dem Hinweis versieht, dass sie die Identität des Leiharbeitnehmers festgestellt hat, und
- die Erklärung spätestens am dritten Tag nach der Vorlage in der Agentur für Arbeit dem Ver- oder Entleiher zugeht.
(3) Eine vor Beginn einer Frist nach Absatz 1 Nummer 1 bis 1b abgegebene Festhaltenserklärung ist unwirksam. Wird die Überlassung nach der Festhaltenserklärung fortgeführt, gilt Absatz 1 Nummer 1 bis 1b. Eine erneute Festhaltenserklärung ist unwirksam. § 28e Abs. 2 S. 4 des SGB IV gilt unbeschadet der Festhaltenserklärung.
Nach § 9 AÜG ist bei einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung und bei einem Überschreiten der Überlassungshöchstdauer der Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer unwirksam mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes auf den Entleiher übergeht. Der Leiharbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsvertrags allerdings nach § 9 AÜG widersprechen und gleichzeitig erklären, dass er an dem Arbeitsvertrag mit seinem Verleiher festhält. Diese sog. Festhaltenserklärung soll als bedingungsfeindliche einseitige Willenserklärung ausschließlich der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit des Leiharbeitnehmers Rechnung tragen. Dagegen soll mit ihr keine rechtswidrige Einsatzpraxis nachträglich gerechtfertigt werden können. Der Widerspruch muss innerhalb eines Monat nach dem Zeitpunkt, zu dem das gesetzliche Arbeitsverhältnis nach § 10 AÜG begründet wird, ausgeübt werden. Er kann, wie § 9 Abs. 3 S. 1 AÜG klarstellt, überhaupt nur während der Monatsfrist, also nicht auf Vorrat abgegeben werden.
Von Seiten der Gewerkschaften bestand eine große Sorge, dass das in seiner zeitlichen und sachlichen Reichweite ohnehin eng begrenzte Widerspruchsrecht missbräuchlich genutzt und quasi auf Vorrat ausgeübt werden könnte (zu dieser Befürchtung Schüren/Fasholz NZA 2015, 1473). Um einem solchen Missbrauch entgegenzuwirken ist die Ausübung des Arbeitnehmerrechts in den Beratungen im Ausschuss für Arbeit und Soziales zusätzlich und in völlig überzogenem Ausmaß formalisiert worden (BT-Drucks 18/10064, S. 16; krit. Lembke NZA 2017, 1, 10). Nach § 9 Abs. 2 AÜG ist die notwendige schriftliche Festhaltenserklärung nur dann wirksam, wenn der Leiharbeitnehmer sie persönlich bei der für die Durchführung des AÜG zuständigen Arbeitsagentur vorlegt (dazu Lembke NZA 2017, 1, 9 f.). Die Agenturen für Arbeit vermerken bei der Entgegennahme auf der Erklärung das Datum der Vorlage und die Feststellung der Identität der Leiharbeitskraft, die zudem vor Ort anwesend sein muss. Diese geradezu extreme, sachlich kaum nachvollziehbare Bürokratisierung ist durch ein tiefes Misstrauen gegenüber den beteiligten Unternehmen geprägt, denen unterstellt wird, dass sie nachträglich ein Datum eintragen könnten, das nicht dem tatsächlichen Tag der Erklärung entspricht (BT-Drucks 18/10064, S. 16). Damit die Erklärung nicht auf "Vorrat" zu Beginn der Überlassung der Agentur für Arbeit vorgelegt wird, ist sie außerdem nur wirksam, wenn sie spätestens am dritten Tag nach der Vorlage in der Agentur für Arbeit dem Ver- oder Entleiher zugeht. Die Leiharbeitskraft bleibt für die Übermittlung der Erklärung an Ver- oder Entleiher verantwortlich. Ihr obliegt es also, die Monatsfrist des § 9 Abs. 1 Nr. 1 bis 1b AÜG gegenüber Ver- oder Entleiher zu wahren. Der fristgerechte Zugang wird durch die Datumsangabe der Agentur für Arbeit nicht ersetzt.
Nach dem ebenfalls im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales neu gefassten § 9 Abs. 3 AÜG kann mit dem Widerspruch eine rechtswidrige Überlassung weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft legalisiert werden. Dementsprechend stellen § 9 Abs....