Während bislang Verstöße gegen das Gebot eines nur vorübergehenden Einsatzes von Zeitarbeitnehmern kaum sanktioniert waren, sieht die Neuregelung selbst bei nur geringfügigen Verstößen weitreichende Sanktionen vor. Das gilt sowohl für die Überschreitung der Höchstüberlassungsdauer als auch für Verstöße gegen das Equal-Pay-Gebot oder gegen die Denominationspflicht. So kann etwa die Überschreitung der Höchstüberlassungsdauer um nur einen Tag dazu führen, dass

  • der Entzug der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis droht,
  • durch die Bundesagentur für Arbeit ein Bußgeld von bis zu 30.000 EUR verhängt wird und
  • ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher fingiert wird.

Entsprechende Bußgelder drohen auch bei einem Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht (zuständig: Zollbehörden) oder gegen das Verbot des Kettenverleihs (Kontrollbehörde: Bundesagentur für Arbeit). Bei Verstößen gegen das Equal-Pay-Gebot droht sogar ein Bußgeld von bis zu 500.000 EUR. Diese bußgeldbewehrte "Kriminalisierung" von Pflichtverletzungen ist ein Fremdkörper im Arbeitsrecht und zeigt erneut das Misstrauen des Gesetzgebers gegenüber der Zeitarbeitsbranche, das sich wie ein roter Faden durch die gesamte Neuregelung hindurchzieht und offenbar auch der Anlass für die angesprochene Tarifentmündigung der Zeitarbeitsbranche ist. Schließlich ist die (fahrlässig) fehlerhafte Berechnung einer Überstundenvergütung oder des Urlaubsanspruchs eines Arbeitnehmers ebenfalls keine Ordnungswidrigkeit. Völlig unpassend erscheint der Sonderweg für die Zeitarbeit vor dem Hintergrund der fehlenden Definition von Equal-Pay und den daraus folgenden Berechnungsschwierigkeiten sowie den offenen Fragen, die bei der Berechnung der Höchstüberlassungsdauer bestehen. Auch gewissenhaft und sorgfältig handelnden Zeitarbeitsunternehmen kann angesichts der praktischen Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Fakten und der Berechnung von Equal-Pay gelegentlich ein Verstoß gegen das Gleichstellungsgebot unterlaufen.

 

Hinweis:

Um das gesetzliche Ziel der Rückbesinnung der Zeitarbeit auf ihre Kernfunktionen zu verwirklichen und Missbräuche zu bekämpfen, bedarf es derart weitreichender Sanktionen nicht. Es ist daher zu hoffen, dass von der Verhängung von Bußgeldern zurückhaltend Gebrauch gemacht wird. Bei leicht fahrlässigen Pflichtverletzungen sollten Sanktionen allenfalls im Wiederholungsfall greifen. Die Begründung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales weist in diese Richtung. Dort wird hervorgehoben, dass einmalige geringfügige Verstöße, etwa solche gegen die neue Überlassungshöchstdauer gerade nicht zwangsläufig und automatisch zum Entzug der Verleiherlaubnis durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) führen sollen. Vielmehr habe die BA bei ihrer Entscheidung über erlaubnisrechtliche Konsequenzen bei Verstößen von Inhabern einer Verleiherlaubnis den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten und die Gesamtumstände des Einzelfalls zu würdigen (BT-Drucks 18/10064, S. 14). Dieser Grundsatz ist bereits derzeit in der Geschäftsanweisung der BA für die Durchführung des AÜG festgeschrieben. Bei Verstößen gegen die Regelung der Überlassungshöchstdauer wurde schon in der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucks 18/9232, S. 22) klargestellt, dass eine geringfügige Überschreitung in einem Einzelfall für sich genommen regelmäßig nicht die Unzuverlässigkeit i.S.d. § 3 Abs. 1 AÜG begründet.

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