aa) Gesetzliche Regelung
Nach § 1 Abs. 1b S. 3 AÜG kann die Überlassungshöchstdauer von 18 aufeinander folgenden Monaten durch einen Tarifvertrag der Einsatzbranche für tarifgebundene Entleiher verkürzt oder verlängert werden. Diese Regelung soll sicherstellen, dass das Instrument der Arbeitnehmerüberlassung auch weiterhin flexibel und bedarfsgerecht eingesetzt werden kann. Das Gesetz fixiert keine starre Höchstfrist für von § 1 Abs. 1b S. 1 AÜG abweichende tarifvertragliche Regelungen. Diese Zurückhaltung steht ganz im Einklang mit der europäischen Richtlinie, die ebenfalls keine feste Obergrenze kennt und auch länger dauernde Überlassungen zulässt. Lediglich die dauerhafte, also "endgültige" Überlassung lässt sich mit den Vorgaben der Richtlinie nicht in Einklang bringen.
bb) Notwendige Öffnung für variable Höchstgrenzen bei Sachgründen
Neben einer tariflichen Vorgabe einer vom Gesetz abweichenden, aber ebenfalls starren Höchstfrist sollte auch eine tarifvertragliche Regelung zulässig sein, welche die Einsatzhöchstdauer flexibel an das Vorliegen von Sachgründen knüpft und damit insbesondere in Vertretungsfällen an dem Vertretungsbedarf orientierte, flexible Fristen zulässt. Voraussetzung für eine wirksame abweichende Regelung soll es nach der Begründung des Regierungsentwurfs sein, dass die Überlassungshöchstdauer im Tarifvertrag oder der Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung "zeitlich bestimmt" wird. Dies könnte dahingehend interpretiert werden, dass auch im Fall einer sachgrundbezogenen Arbeitnehmerüberlassung eine starre zeitliche Höchstgrenze notwendig sei. Sachlich könnte eine derartige Einschränkung der tariflichen Gestaltungsmöglichkeiten nicht überzeugen. Im – allerdings nicht eindeutigen – Wortlaut von § 1 Abs. 1b S. 3 AÜG ist sie nicht zwingend angelegt. Der Gesetzgeber will durch die "zeitliche Bestimmtheit" sicherstellen, dass der vorübergehende Charakter der Arbeitnehmerüberlassung in jedem einzelnen Fall gewährleistet ist. Das spricht dafür, in Tarifverträgen auf der Grundlage des § 1 Abs. 1b S. 3 AÜG auch variable, an die Dauer des jeweiligen Sachgrundes gekoppelte Überlassungsfristen zuzulassen.
cc) Tarifentmündigung der Zeitarbeitsbranche
§ 1 Abs. 1b S. 3 AÜG beschränkt die Tarifdispositivität der gesetzlichen Höchstüberlassungsdauer auf Tarifverträge der Einsatzbranche. Ausschließlich den Tarifparteien der Einsatzbranche soll es also ermöglicht werden, von der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer abzuweichen. Der Zweck dieser Privilegierung der Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche gegenüber den Sozialpartnern in der Zeitarbeit bleibt dunkel (krit. dazu Henssler RdA 2016, 18). Das Ergebnis dieser Regelung wird sein, dass es zu einem Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen in verschiedenen Branchen kommt. Außerdem ist zu erwarten, dass in zahlreichen Branchen von den Tarifpartnern der Einsatzbranche überhaupt keine Regelungen abgeschlossen werden. Schließlich ist derzeit der in der M + E-Branche abgeschlossene "Tarifvertrag LeiZ" die Ausnahme und nicht der Regelfall. Weshalb den Tarifpartnern der Zeitarbeitsbranche nicht einmal die selbst nach dem Ansatz des Regierungsentwurfs naheliegende subsidiäre Tarifzuständigkeit zugestanden wird, wird mit keinem einzigen Wort erläutert, geschweige denn begründet. Mangels erkennbarer Rechtfertigung für den Eingriff in Art. 9 Abs. 3 GG erscheint die Tarifentmündigung der Zeitarbeitsbranche damit verfassungsrechtlich bedenklich.