In der Gesetzesfassung vom 1.1.1964 hieß es noch: "Urkunden (...) sowie Stammbäume, Pläne, Risse und sonstige Zeichnungen". In der Gesetzesfassung vom 27.7.2001 wurde der Wortlaut auf "Urkunden und sonstige (...) Unterlagen" verschlankt. Mit dem Sammelbegriff "sonstige Unterlagen" sind auch nichtschriftliche verkörperte Gedankenerklärungen und maschinell erzeugte Schriftstücke, Fotografien, Röntgenaufnahmen etc. gemeint. Insoweit es um in Augenschein zu nehmende Unterlagen geht, überlappen sich die Anwendungsbereiche des § 142 ZPO und des § 144 ZPO. In Augenschein zu nehmende Gegenstände sollten nur als Unterlagen angesehen werden, wenn es sich um eine blatt- oder seitenförmige, menschlich lesbare Informationsaufzeichnung handelt (vgl. Stein/Jonas-Althammer, a.a.O., § 142 Rn 13).
Elektronische Dokumente, etwa Text-, Grafik-, Audio-, Videodateien oder Chatverläufe sind keine Urkunden oder Unterlagen, sondern gem. § 371 Abs. 1 S. 2 ZPO Augenscheinsobjekte, deren Vorlage das Gericht nach § 144 Abs. 1 ZPO anordnen kann (Stein/Jonas-Althammer, a.a.O., § 142 Rn 15; MüKo-ZPO/Fritsche, 5. Aufl. 2016, § 142 Rn 8; Musielak/Voit-Stadler, ZPO, 15. Aufl. 2018, § 142 Rn 2; a.A. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 142 Rn 7; für "Vorlage" gespeicherter Adressdaten: LG Berlin, Beschl. v. 2.8.2005 – 64 T 134/04, juris Rn 10).
Die Vorlageanordnung kann mehrere Urkunden oder Unterlagen umfassen, solange eindeutig bestimmt ist, auf welche sie sich bezieht. Eine "pauschale Aufforderung", ganze Urkundensammlungen, Dokumentationen oder komplette Korrespondenzen vorzulegen, ist von § 142 ZPO nicht gedeckt (BGH, Urt. v. 28.5.2014 – XI ZR 264/13, juris Rn 28).
Hinweis:
Werden jedoch die Urkunden identifizierbar beschrieben und stellt eine Angabe, in welcher Akte sie sich befinden, lediglich eine konkretisierende Eingrenzung dar, ist die Anordnung möglich (Koch, Mitwirkungsverantwortung im Zivilprozess, S. 169).
Es ist, sofern die übrigen Voraussetzungen eingehalten sind, mit § 142 ZPO vereinbar, im Ergebnis eine ganze Akte vorlegen zu lassen. Allerdings wird in der vom Gericht im Rahmen seiner Ermessensausübung vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung die Anordnung umso eher als unverhältnismäßig erscheinen, je umfangreicher sie werden soll.
Beispiele für vorzulegende Urkunden und sonstige Unterlagen:
Bautagebuch und Aufmaßzettel (OLG Frankfurt, Urt. v. 18.10.2006 – 1 U 19/06, juris Rn 19), Bewertungsunterlagen einer Bank zu einem Grundstück (BGH, Urt. v. 26.6.2007 – XI ZR 277/05, juris Rn 18), Krankenunterlagen (OLG Saarbrücken, Urt. v. 30.4.2003 – 1 U 682/02, juris Rn 34), Reparaturrechnung bei fiktiver Schadensabrechnung (LG Trier, Urt. v. 20.9.2005 – 1 S 112/05, juris Rn 15), technischer Ablaufplan mit Fließbild (BGH, Urt. v. 1.8.2006 – X ZR 114/03, juris Rn 48), Verträge (Musielak/Voit-Stadler, a.a.O., § 142 Rn 1), vorprozessuale Korrespondenz (Zöller/Greger, a.a.O., § 142 Rn 5).
Im WEG-Verfahren kann das Gericht nach § 142 Abs. 1 ZPO analog anordnen, dass der Verwalter eine Eigentümerliste vorlegt (BGH, Urt. v. 14.12.2012 – V ZR 162/11, juris Rn 9).