Eine Anordnung kann nur hinsichtlich solcher Unterlagen ergehen, auf die sich eine Partei bezogen hat (§ 144 Abs. 1 S. 1 ZPO). Das Bezugnahmekriterium hält die Verbindung zu Dispositionsmaxime und Beibringungsgrundsatz und unterscheidet § 142 ZPO von einer Amtsermittlung.
Es spielt keine Rolle, durch welche Partei die Bezugnahme erfolgt ist (BGH, Urt. v. 26.6.2007 – XI ZR 277/05, juris Rn 20). Jede Partei ist ohnehin nach § 131 Abs. 1 BGB grundsätzlich verpflichtet, vorbereitenden Schriftsätzen die Urkunden in Abschrift beizufügen, auf die sie Bezug nimmt. § 142 ZPO erfasst hingegen auch Urkunden, die die Partei nicht – auch nicht in Abschrift – vorlegen kann, weil sie sich in den Händen des Gegners oder eines Dritten befinden.
Die Bezugnahme muss die Urkunde so individualisiert bezeichnen, dass diese unter mehreren Unterlagen eindeutig identifiziert werden kann (BGH, Urt. v. 16.3.2017 – I ZR 205/15, juris Rn 30).
Die Bezugnahme muss nicht ausdrücklich oder unter Verweis auf § 142 ZPO erfolgen. Es reicht aus, dass sich aus dem Vortrag einer Partei sinngemäß ergibt, dass sie sich auf die Urkunde bezieht (BGH a.a.O.).
Hinweis:
Es ist grundsätzlich nicht erforderlich, dass der Inhalt der Urkunde wiedergegeben wird oder bereits bekannt ist. Dies folgt zum einen aus der Systematik des Gesetzes, das nur für einen Beweisantrag nach § 424 Nr. 3 ZPO fordert, den Inhalt der Urkunde möglichst vollständig anzugeben. Zum anderen liefe eine entsprechende Voraussetzung dem Zweck des § 142 Abs. 1 ZPO zuwider, den Sachverhalt und damit den Inhalt der Urkunde erst aufzuklären. Gleichwohl ist es im Hinblick auf das vom Gericht auszuübende Ermessen sinnvoll und wichtig, möglichst konkret zum erwarteten Inhalt der Urkunde und zu den konkreten Tatsachen, auf denen diese Erwartung beruht, vorzutragen.
Eine Urkunde, deren Existenz eine Partei bloß vermutet, kann wirksam in Bezug genommen und Gegenstand einer Vorlegungsanordnung werden, wenn Anhaltspunkte für deren Existenz sprechen. Dies folgt daraus, dass die Bezugnahme Teil des Sachvortrags der Partei ist und für den Sachvortrag gilt, dass die Partei ihn auf eine bloße Vermutung stützen kann, wenn sie keine genaue Kenntnis hat und für die Vermutung Anhaltspunkte sprechen (BGH, Beschl. v. 8.12.2011 – IV ZR 5/10, juris Rn 16; Urt. v. 8.5.2012 – XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159–183 Rn 40; BGH, Urt. v. 23.9.2014 – XI ZR 215/13, juris Rn 20). Behauptet der Gegner oder Dritte, die Urkunde existiere nicht, hat das Gericht dies frei zu würdigen.
Praxishinweis:
Prozesstaktisch ist es empfehlenswert, die Bezugnahme möglichst frühzeitig vorzunehmen, um dem Gericht noch vor der ersten mündlichen Verhandlung eine vorbereitende Anordnung an den Gegner, die Urkunde vorzulegen (§ 273 Abs. 2 Nr. 5 ZPO), zu ermöglichen und eine Präklusion wegen Verspätung zu vermeiden (Siegmann AnwBl 2008, 160, 161).