a) Know-how-Schutz de lege lata
Die gesetzlichen Haftungsgrundlagen zum Schutze des Know-hows eines Franchisesystems ergeben sich derzeit aus dem Delikts-, Wettbewerbs- und Bereicherungsrecht sowie einer etwaigen Geschäftsführerhaftung (umfassend dazu: Westermann, Handbuch Know-how-Schutz, 2007, Kap. I 1 ff., S. 116 ff. m.w.N.).
Dabei sind Verstöße gegen §§ 17 ff. UWG, §§ 202 ff. StGB, § 85 GmbHG, § 404 AktG, § 120 BetrVG und § 333 HGB Verbotstatbestände im Sinne deliktsrechtlicher Schutzgesetze. Insofern sind dann entsprechende Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche gem. § 823 Abs. 2 BGB gegeben. Hinzu kommt als subsidiäre Norm ein Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gem. § 823 Abs. 1 BGB, soweit die Unmittelbarkeit und Betriebsbezogenheit des Eingriffs dargestellt werden kann. Letztlich besteht bei sittenwidrigen Verletzungshandlungen bzw. sittenwidriger Ausnutzung fremden Know-hows ein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB (s. auch insofern mit umfassenden Nachweisen: Westermann, a.a.O., Kap. 7 Rn 2).
Soweit es um das Wettbewerbsrecht geht, wird immer dann von einer wettbewerbswidrigen Nutzung fremden Know-hows gesprochen, wenn es um den sog. Plagiatstatbestand i.S.v. § 4 Nr. 3c UWG n.F. (= § 4 Nr. 9c UWG a.F.) geht (umfassend zu diesem wettbewerbsrechtlichen ergänzenden Leistungsschutz u.a.: BGH GRUR 1983, 377, 379 – Brombeer-Muster; OLG Köln WRP 1994, 197, 200 – Übergewechselte Mitarbeiter; BGH GRUR 2003, 453, 454 – Verwertung von Kundenlisten), also das Know-how des Franchisesystems durch Dritte abgekupfert wurde oder Franchise-Nehmer nach Beendigung des Franchisevertrags abredewidrig das ihnen vermittelte Know-how für eigene Zwecke weiter nutzen oder einen Franchisevertrag unberechtigt fristlos kündigen, um das Know-how des Franchisesystems ohne Verpflichtung zur Leistung von Franchise-Gebühren weiternutzen zu können.
b) Know-how-Schutz de lege ferenda
Dieser "zerklüftete" Schutz des Know-hows eines Franchisesystems, differenziert nach Verstößen gegen deliktsrechtliche Vorschriften bzw. solche des Wettbewerbsrechts, soll nunmehr durch die EU-Richtlinie zum Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Informationen (EU-RL 2016/943) und das zzt. in der Diskussion befindliche "Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen" nicht nur verstärkt, sondern auch vereinheitlicht werden. Im Zuge der Gesetzesnovellierung ist u.a. geplant, dass die §§ 17 ff. UWG ersatzlos gestrichen und stattdessen entsprechende Auskunfts- und Unterlassungsansprüche in das "Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen" aufgenommen werden.
De lege ferenda wird für den Schutz des Know-hows eines Franchisesystems entscheidend sein:
- Bestehen eines Bezugs des gesamten Know-hows zum Unternehmen des Franchise-Gebers und damit zum Franchisesystem insgesamt;
- keine Offenkundigkeit der Gesamtheit der immateriellen Vermögensgegenstände sowie Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse eines Franchisesystems;
- bestehendes Interesse des Franchisesystems an der permanenten Geheimhaltung sowie
- Normierung eines fortdauernden Geheimhaltungswillens durch den Abschluss eines jeden Franchisevertrags und die vom Franchise-Nehmer zu unterzeichnende Geheimhaltungsverpflichtung.
Dies bedeutet, dass von jedem Franchise-Geber zahlreiche Maßnahmen zum umfassenden Know-how-Schutz umgesetzt werden müssen:
- Ermittlung des zu schützenden Know-hows und dessen Dokumentation;
- Ermittlung der bereits durch Anmeldung entsprechender gewerblicher Schutzrechte gesicherten Elemente des Know-hows bzw. der Elemente, die ohne eine entsprechende Anmeldung originären Schutz genießen;
- Ermittlung der Elemente des Know-hows, die noch zum Schutz des Franchisesystems als gewerbliche Schutzrechte angemeldet werden können bzw. müssen;
- Prüfung, ob von den jeweiligen internen und externen "Schöpfern" alle notwendigen Nutzungs- und Verwertungsrechte übertragen wurden, insbesondere im Hinblick auf Werbeflyer und Marketingmaßnahmen;
- Prüfung bestehender Verträge mit Mitarbeitern und Franchise-Nehmern, aber auch sonstigen Partnern, ob diese umfassende Regelungen zur Geheimhaltung des Know-hows des Franchisesystems enthalten und
- Prüfung der Maßnahmen zur Durchsetzung des Know-how-Schutzes des Franchisesystems, z.B. durch Überwachung und Abmahnung von Wettbewerbsverstößen, insbesondere dann, wenn diese durch ehemalige Franchise-Nehmer begangen werden.
Praxishinweis:
Es reicht daher nicht aus, wenn bei Abschluss des Franchisevertrags das Geschäftsgeheimnis (Know-how des Franchisesystems) durch Übergabe des Franchise-Handbuchs als geheim bezeichnet wird. Entscheidend ist, dass ein dauernder Geheimhaltungswille besteht, d.h. dass zum einen im Vorfeld der Unterzeichnung des Franchisevertrags eine Geheimhaltungserklärung vom zukünftigen Franchise-Nehmer unterzeichnet wird und zum anderen fortlaufend vom Franchise-Geber kontrolliert wird, ob das Know-how des Franchisesystems auch vom Franchise-Nehmer geheim gehalten wird. Darin dokumentiert sich dann der de lege ferenda notwendige fortlaufen...