1. Vereinbarte Unterbringung
Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus kann nicht Inhalt einer Verständigung sein. So lautet der Leitsatz des zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehenen Beschlusses des BGH (Beschl. v. 3.12.2020 – 4 StR 541/19). Das Landgericht hatte die Angeklagte u.a. wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Ferner hatte das Landgericht die Unterbringung der Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und auch insoweit die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die hiergegen gerichtete Revision der Angeklagten, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hatte mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
Der BGH (a.a.O.) geht davon aus, dass in der Hauptverhandlung eine Verständigung (§ 257c StPO) zustande gekommen ist, deren Inhalt u.a. auch die im Urteil festgesetzte Unterbringung des Angeklagten war. Diese „Verständigung” verstößt nach Auffassung des BGH (a.a.O.) gegen § 257c Abs. 2 S. 3 StPO. Nach § 257c Abs. 2 S. 3 StPO dürfen der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung nicht Gegenstand einer Verständigung sein. Über die bis zur Einführung der Verständigungsregelung vorliegende Rechtsprechung hinaus habe der Gesetzgeber nicht nur die Sicherungsverwahrung (vgl. BGH NStZ 2008, 620; NStZ-RR 2005, 39), sondern auch sämtliche Maßregeln der Besserung und Sicherung i.S.v. § 61 StGB aus den vereinbarungsfähigen Rechtsfolgen herausgenommen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl. 2020, § 257c Rn 9; Jahn/Kudlich in: MüKo-StPO, 1. Aufl., § 257c Rn 114).
Hinweis:
Da schon die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus einen unzulässigen Verständigungsinhalt darstellt, konnte der BGH die noch nicht entschiedene Frage offenlassen, ob das Verbot des § 257c Abs. 2 S. 3 StPO auch für Folgeentscheidungen – wie hier die Aussetzung der Vollstreckung der Maßregel zur Bewährung gem. § 67b StGB – gilt (vgl. zum Streitstand Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 257c Rn 9 m.w.N.). Eine Entscheidung dazu wäre für die Praxis interessant gewesen, da der BGH sich damit dann auch dazu geäußert hätte, ob nicht nur die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB erfasst wird, sondern auch die Frage der Länge der Sperrfrist nach § 69a StGB. Das ist in der Literatur nicht unbestritten (vgl. die Nachweise bei Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O.).
2. Ausschluss der Öffentlichkeit
Zunehmend spielen auch in der Rechtsprechung des BGH Fragen im Zusammenhang mit Corona/COVID-19 eine Rolle, so auch im Beschluss des BGH v. 17.11.2020 (4 StR 390/209). Zu entscheiden hatte der BGH über eine Revision gegen ein Urteil des LG Chemnitz. Mit der Revision war mit Verfahrensrüge u.a. ein Verstoß gegen § 169 GVG – Öffentlichkeitsgrundsatz – geltend gemacht worden. Grundlage der Rüge war folgendes Verfahrensgeschehen: Mit Allgemeinverfügung vom 22.3.2020 hatte das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt anlässlich der Coronavirus-Pandemie auf der Grundlage des IfSG (Infektionsschutzgesetz) mit Wirkung vom 23.3.2020 eine Allgemeinverfügung erlassen, wonach das Verlassen der häuslichen Unterkunft ohne triftigen Grund untersagt wird. Nr. 2 der Allgemeinverfügung enthielt die Aufzählung bestimmter Tätigkeiten, die „insbesondere” triftige Gründe darstellen, darunter in Nr. 2.9 die Wahrnehmung unaufschiebbarer Termine bei Behörden, Gerichten, Gerichtsvollziehern, Rechtsanwälten und Notaren. Während der Gültigkeit dieser Allgemeinverfügung verhandelte das LG Chemnitz am 25., 26. und 31.3.2020. Der Angeklagte war der Auffassung, dass am Verfahren unbeteiligten Zuhörern an diesen Sitzungstagen aufgrund der Allgemeinverfügung vom 22.3.2020 der Besuch der Hauptverhandlung untersagt gewesen sei. Um einen Verstoß gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit zu vermeiden, hätte das Landgericht die Hauptverhandlungstermine aufheben müssen.
Das hat der BGH anders gesehen. Es könne dahinstehen, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass der Erlass der Allgemeinverfügung nicht im Einflussbereich der Justiz lag. Jedenfalls besteht nach der Allgemeinverfügung kein Verbot, als Zuhörer an Hauptverhandlungen teilzunehmen. Vielmehr stelle die Teilnahme als Zuhörer an einer öffentlichen Hauptverhandlung einen unbenannten triftigen Grund i.S.d. Allgemeinverfügung dar (vgl. OLG München, Beschl. v. 30.3.2020 – 2 Ws 387/20 u. 338/20, NStZ 2020, 503; Meßling in: Schlegel/Meßling/Bockholdt, COVID-19 – Corona-Gesetzgebung – Gesundheit und Soziales, § 20 Rn 60). Der in § 169 GVG niedergelegte Öffentlichkeitsgrundsatz solle eine Kontrolle der Justiz durch die am Verfahren nicht beteiligte Öffentlichkeit ermöglichen und sei historisch als unverzichtbares Institut zur Verhinderung obrigkeitlicher Willkür verankert worden (vgl. BVerfGE 133, 168, 217 f.). Angesichts dieser Bedeutung der grundsätzlichen Öffentlichkeit eines Strafverfahrens, die auch dadurch belegt werde, dass ein Verstoß gegen die Vorschriften über d...