Bei Personenschäden ist es unabdingbar, den gesamten Versicherungsstatus zu erfragen. Hierzu gehört zwingend die Frage nach einer etwa bestehenden Fahrerschutzversicherung oder Forderungsausfallversicherung (vgl. Becker, zfs 2021, 424 ff. m.w.N.).
Ist dem Rechtsanwalt – wie nicht selten – die Fahrerschutzversicherung unbekannt, so wird er für einen Unfallverletzten bei Mithaftung oder Alleinhaftung nicht 100 % des Schadens durchsetzen, obwohl dies mit Hilfe der Fahrerschutzversicherung unschwer möglich ist. Möglicherweise klagt er die nicht regulierten 50 % ein und unterliegt, wodurch er weitere Kosten produziert. Eine entsprechende Haftung liegt sodann auf der Hand.
Bei der zunehmenden Anzahl von Fahrradunfällen ohne Kfz-Beteiligung wird der Anwalt bei ersichtlicher Vermögenslosigkeit des Schädigers möglicherweise von einer Titulierung abraten, weil der Mandant "nicht gutes Geld schlechtem hinterherwerfen soll". Lässt sich der titulierte Anspruch indes über eine Forderungsausfallversicherung (Becker, a.a.O., 426 ff.) des Mandanten realisieren, so liegt auch hier die Haftung des Anwalts nahe. Bei der Beauftragung eines Rechtsanwalts, insbesondere eines Fachanwalts für Verkehrsrecht, darf der Mandant erwarten, dass dem Beauftragten entsprechende Versicherungen bekannt sind und er diese für den Auftraggeber nutzbringend einsetzt.
Stellt der Rechtsanwalt bei der durchgeführten Befragung fest, dass weitergehende Versicherungen bestehen, so sollte er sich die entsprechenden Versicherungsscheine vorlegen lassen. Es sollten dann die notwendigen versicherungsvertraglichen Fristen notiert und der Mandant befragt werden, ob er auch im Hinblick auf diese etwa festgestellten Versicherungen eine Tätigkeit durch den Rechtsanwalt wünscht. Da hier regelmäßig kein Kostenerstattungsanspruch gem. § 249 BGB gegenüber dem eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherer besteht, ist der Mandant hierauf hinzuweisen und gleichzeitig zu befragen, ob gleichwohl eine Tätigkeit durch den Rechtsanwalt erfolgen soll.
Praxistipp:
Die Praxis des Verfassers belegt, dass die Mandanten regelmäßig eine diesbezügliche Tätigkeit beauftragen. In der Praxis des Unterzeichneten hat sich eine Vorgehensweise dergestalt etabliert, dass der Mandant im Anschluss an das Erstgespräch angeschrieben wird und er in diesem Schreiben darauf hingewiesen wird, dass für die Tätigkeit eine Rechnung gestellt wird, da die diesbezügliche Tätigkeit nicht als Schadenposition i.S.d. § 249 BGB gegenüber dem Haftpflichtversicherer geltend gemacht werden kann. Gleichzeitig wird eine konkrete hierauf bezogene Vollmacht mit der Bitte um Rückgabe übersandt. Da das gesprochene Wort nicht selten flüchtig ist, lässt sich bei dieser Vorgehensweise unschwer dokumentieren, dass der Mandant das Belehrungsschreiben erhalten hat. Dadurch lässt sich nicht nur das Haftungsrisiko minimieren, sondern es werden sogleich weitere abrechenbare Mandate akquiriert.