Als Kryptowährung werden digitale Zahlungsmittel bezeichnet, die auf kryptografischen Werkzeugen wie Blockchains und digitalen Signaturen basieren, wozu beispielsweise sog. Bitcoins gehören. Die Kryptowährung beruht auf der sog. Blockchain-Technologie. Innerhalb der sog. Blockchain werden alle Transaktionen zwischen den Nutzern einer Kryptowährung linear und dezentral fortgeschrieben. Nimmt ein Nutzer eine Transaktion vor, wird die Berechtigung über seinen Blockchain-Eintrag geändert und die Blockchain i.d.R. fortgeschrieben (sog. Mining). Das Guthaben, worüber der Nutzer auf der Blockchain verfügt, kann in einer virtuellen, passwortgeschützten Brieftasche (sog. Wallet) eingesehen werden. Diese Brieftasche ist mit einem verschlüsselten "Public-Key" verbunden, der vergleichbar mit einer Kontonummer ist. Zeitgleich besitzt der Nutzer einen "Private-Key". Mit diesem Schlüssel verfügt der Nutzer über sein Guthaben und autorisiert durch Hinzufügen einer digitalen Signatur seine Transaktionen (Amend-Traut/Hergenröder, ZEV 2019, 113 ff.; Medler, ZEV 2020, 262 ff.; v. Oertzen/Biermann/Lindermann, ErbR 2022, 762 ff. m.w.N.).
a) Erbrechtliches Bezugsobjekt
Die Kryptowährung unterliegt der Gesamtrechtsnachfolge und geht auf die Erben über (vgl. BT-Drucks 19/3068, S. 29). Fraglich ist aber, was Bezugsobjekt der Gesamtrechtsnachfolge ist. Als Bezugsobjekt könnte zivilrechtlich zunächst eine Einordnung als Sache oder als Forderung in Betracht kommen. Dies ist nach h.M. in der Literatur aber nicht der Fall, da kryptografische Währungseinheiten keine eigentumsfähigen Sachen i.S.d. §§ 90, 903 ff. BGB und keiner dinglichen Rechtsposition zugänglich sind (vgl. Engelhart/Klein, MMR 2014, 355, 357; Schlund/Pongratz, DStR 2018, 598; Amend-Traut/Hergenröder, ZEV 2019, 113, 117; Medler, ZEV 2020, 262, 264). Die Qualifikation als Forderung scheitert daran, dass ein tauglicher Forderungsgegner aufgrund der dezentralen Struktur des Netzwerks fehlt (Schlund/Pongratz, DStR 2018, 598, 600; Amend-Traut/Hergenröder, ZEV 2019, 113, 117). Die Kryptowährung kann auch nicht als Buchgeld, elektronisches Geld oder als Fremdwährung eingeordnet werden, da es an der staatlichen Anerkennung fehlt (Plottek/Rietz, ZErb 2024, 1, 5). Als vererbbares Bezugsobjekt werden von der h.M. die Zugangsdaten – hier der sog. Private Key – angesehen, welcher dem Erblasser eine faktische Verfügungsgewalt über seine Kryptowährung ermöglicht (Schlund/Pongratz, DStR 2018, 598; Amend-Traut/Hergenröder, ZEV 2019, 113, 117 m.w.N.; Medler, ZEV 2020, 262, 264; v. Oertzen/Biermann/Lindermann, 2022, a.a.O., 762, 765). Ohne diesen Schlüssel können Transaktionen durch den Nutzer nicht mehr vorgenommen werden. Geht der Private-Key verloren oder haben die Erben die Zugangsdaten nicht, kann die Kryptowährung verloren sein, da eine Wiederherstellung häufig nicht mehr möglich ist. Wie die Gesamtrechtsnachfolge in den Private-Key erfolgt, hängt dann vom Speicherort des Erblassers ab. Einerseits können der Private-Key in Verbindung mit der virtuellen Brieftasche auf einem psychisch verkörperten Medium gespeichert sein, wodurch die Daten mit dem Eigentumsübergang am psychischen Trägermedium gem. § 1922 BGB auf den bzw. die Erben übergehen (Amend-Traut/Hergenröder, ZEV 2019, 113, 118 m.w.N.; Medler, ZEV 2020, 262, 264). Gleiches gilt für den Fall, dass der Erblasser seinen privaten Schlüssel schriftlich in Papierform gesichert hat. Andererseits kann der Erblasser auch über eine virtuelle Brieftasche verfügen, die bei einem Diensteanbieter Online hinterlegt ist (sog. Online-Wallet). Hier tritt der Erbe bzw. die Erben in die Vertragsbeziehungen mit dem Diensteanbieter ein.
b) Erbschaftsteuer
Als Vermögenswerte im Erbfall ist die Kryptowährung bei der Bemessung der Erbschaftsteuer zu berücksichtigen. Gemäß § 11 ErbStG ist für die Wertermittlung der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer entscheidend (sog. Stichtagsprinzip). Bei einem Erwerb von Todes wegen entsteht die Steuer gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG mit dem Erbfall. Fraglich an dieser Stelle ist, welche Bewertungsmaßstäbe der Kryptowährung zugrunde gelegt werden können.
Gemäß § 12 ErbStG sind die Vorschriften des Bewertungsgesetzes anwendbar. Im Jahre 2019 hat u.a. das Bayerische Landesamt für Steuern in einer Verfügung auf die erbschaftsteuerliche Behandlung von Kryptowährung Bezug genommen (Bayerisches Landesamt für Steuern, Verf. v. 14.1.2019 – 3812b.1.1 – 16/12 St 34). Hiernach sind:
Zitat
(...) sog. "Kryptowährungen" wie beispielsweise Bitcoins (...) als Finanzinstrumente i.S.v. § 1 Abs. 11 S. 1 KWG zu qualifizieren und daher als Finanzmittel i.S.v. § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG bzw. § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 4a ErbStG a.F. einzustufen. Die Bewertung virtueller Währungen richtet sich nach dem gemeinen Wert nach § 9 BewG.
In § 9 Abs. 1 BewG heißt es:
Zitat
Bei Bewertungen ist, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrunde zu legen.
Der gemeine Wert ist der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für ein Wirtschaftsgut nach seiner Beschaffenheit unter Berücksichtigung aller den Preis b...