Die Rechtsanwälte üben einen freien Beruf aus (§ 2 Abs. 1 BRAO), sind also sog. Freiberufler. Die Definition des freien Berufes kann aus § 1 Abs. 2 PartGG entnommen werden. Dort heißt es:
Zitat
"Die Freien Berufe haben im Allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt. Ausübung eines Freien Berufs im Sinne dieses Gesetzes ist die selbstständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Krankengymnasten, Hebammen, Heilmasseure, Diplom-Psychologen, Rechtsanwälte, Patentanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer (vereidigte Buchrevisoren), Steuerbevollmächtigten, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Lotsen, hauptberuflichen Sachverständigen, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer und ähnlicher Berufe sowie der Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller, Lehrer und Erzieher."
Die Anwaltstätigkeit ist also kein Gewerbe im Sinne einer industriellen oder handwerklichen Betätigung (§ 2 Abs. 2 BRAO). Anwälte müssen daher – weil sie keine mit einer industriellen oder handwerklichen Tätigkeit verbundene Lasten ihrer Ansiedlung verursachen – auch keine Gewerbesteuer bezahlen, § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EstG.
Auch wenn der Begriff eines sog. freien Berufs, von § 1 Abs. 2 PartGG einmal abgesehen, gesetzlich nicht klar konturiert ist, werden solche Berufe regelmäßig von den folgenden Wesensmerkmalen bestimmt (Peitscher, 2021, a.a.O., § 10 Rn 60):
- Die Tätigkeit muss gemeinwohlorientiert sein, sich auf existentielle Bedürfnisse des Bürgers beziehen und einer ethischen Verpflichtung entsprechen, die im öffentlichen Interesse liegt.
- Inhalt der Tätigkeit ist eine individuelle, persönliche und fachlich unabhängige Leistung, die eine besondere Qualifikation oder Begabung voraussetzt.
- Die Berufsausübung dient nicht primär dem wirtschaftlichen Gewinnstreben, da anderenfalls eine gewerbliche Tätigkeit vorliegen würde, vgl. §§ 2 Abs. 1 GewStG, 15 Abs. 2 EstG.
- Die Organisation der Berufsangehörigen in einem Berufsverband.
§ 3 Abs. 1 BRAO bestimmt den Rechtsanwalt als der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten, wobei das Institut der Rechtsanwaltschaft gemeint ist und nicht der individuelle Berufsträger. § 3 Abs. 2 BRAO gibt jedem Rechtsanwalt das Vertretungsrecht vor staatlichen Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden, sofern hierin nicht durch Bundesgesetz eingegriffen wird. § 3 Abs. 3 BRAO bestimmt sodann das Recht auf freie Anwaltswahl, in das auch nur durch gesetzliche Vorschriften eingegriffen werden darf.
Der Rechtsanwalt ist aber nicht nur unabhängiges Organ der Rechtspflege, sondern auch normaler Unternehmer im Sinne des Privatrechts. Seine anwaltliche Tätigkeit für einen Mandanten ist materiell-rechtlich betrachtet ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag mit dienstvertraglichem Einschlag, §§ 675, 611 ff. BGB. Schuldet er dagegen etwa ein Gutachten, ist also ein bestimmter Zweck geschuldet, dann handelt es sich um einen entgeltlichen Geschäftsversorgungsvertrag mit werkvertraglichem Charakter, §§ 675, 631 ff. BGB. Für die maßgebliche Abgrenzung ist darauf abzustellen, ob ein anwaltliches Tätigwerden (z.B. eine umfassende Rechtsberatung) oder ein konkret abgrenzbarer Erfolg (z.B. ein Rechtsgutachten zu einer speziellen Frage) geschuldet ist. Für das Zustandekommen des Beratungsvertrags, das sich nach allgemeinen Grundsätzen der §§ 145 ff. BGB richtet, ist zu beachten, dass wegen § 43b BRAO das Angebot vom Mandanten ausgehen muss, da der Rechtsanwalt aufgrund des Werbungsverbots kein Mandat im Einzelfall anbieten darf.
Im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses ist der Rechtsanwalt seinem Mandanten gegenüber mit Hauptleistungs- und Nebenleistungspflichten verpflichtet, wie jeder andere Vertragspartner auch. Im Falle einer schuldhaften Pflichtverletzung kann er sich schadensersatzpflichtig machen. Er trägt auch das Unternehmerrisiko und insb. das Risiko, im Falle einer Insolvenz seinen Beruf zu verlieren. Schließlich kann den Rechtsanwalt auch bei Übernahme eines sog. Pro-bono-Mandats eine Haftung treffen, diese ist nach § 675 Abs. 2 BGB regelmäßig nur bei rechtlichen Auskünften im Bekannten- und Familienkreis ausgeschlossen.
Hinweis:
Die konkrete rechtliche Einordnung des Anwaltsvertrags im jeweiligen Fall ist für die Praxis von erheblicher Relevanz, weil bei Vorliegen eines Geschäftsbesorgungswerkvertrags nach §§ 675, 631 ff. BGB bei einer mangelhaften anwaltlichen Leistung die speziellen Gewährleistungsrechte nach § 634 BGB zur Anwendung kommen. Namentlich erwähnt seien insbesondere das Recht auf Nacherfüllung und die Vornahme einer angemessenen Minderung des vereinbarten Anwaltshonorars, vgl. § 634 Nr. 1, 3 BGB. Liegt hingegen ein Geschäftsbesorgungsdienstvertrag nach §§ 675, 611 ff....