Überblick zu Entwicklung und aktueller Rechtslage
I. Entwicklung des Ausländer- und Asylrechts
Politisch Verfolgte genießen Asylrecht, Art. 16a Abs. 1 GG. Das Grundrecht auf Asyl ist seit 1949 im Grundgesetz der Bundesrepublik verankert, früher: Art. 16 Abs. 2 S. 2 GG.
1. Flüchtlingszahlen
Die Industriestaaten haben im vergangenen Jahr nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) die höchste Zahl von Asylanträgen seit 22 Jahren verzeichnet. Von den insgesamt etwa 866.000 Erstanträgen auf Asyl seien danach die meisten in Deutschland registriert worden. Mit 173.000 Erstanträgen entfalle rund ein Fünftel der Anträge auf Deutschland.
Die Zahl der Asylanträge in den Industriestaaten sei im Vergleich zum Vorjahr um 45 Prozent gestiegen. Die Gründe gelten neben Kriegen in Syrien und im Irak auch andere bewaffnete Konflikte, Menschenrechtsverletzungen und sich verschlechternde Sicherheits- und humanitäre Bedingungen in vielen Staaten.
Hinweis:
Deutschland ist nach den neuen Zahlen der Vereinten Nationen jedoch nur absolut betrachtet der Staat mit den meisten Anträgen. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl ist danach Schweden das Land mit den meisten Asylbewerbern, gefolgt von Malta, Luxemburg, der Schweiz und Montenegro.
Dabei sind die Asylsuchenden nur ein kleiner Teil der Flüchtlinge. Ende 2013 sind ca. 51,2 Millionen Menschen auf der Flucht gewesen. Davon seien 33,3 Millionen Vertriebene innerhalb ihres Landes ( www.faz.net v. 26.3.2015).
Ebenfalls wird die Dimension deutlich, mit welchen Zahlen und möglicherweise auch Problemen wir zukünftig zu rechnen haben. Für 2015 wird nach einigen Schätzungen sogar mit bis zu 500.000 Asylbewerbern gerechnet (ZDF, heute, Nachrichten v. 22.3.2015).
Bis vor ca. 25 Jahren war das Ausländer- und Asylrecht nur wenigen Änderungen unterworfen. Nach den stark ansteigenden Asylbewerberzahlen zu Beginn der 90er Jahre wurden jedoch umfassende Reformen nötig. Zu nennen sind vor allem:
- das Gesetz zur Neuregelung des Asylverfahrens vom 26.6.1992,
- der Asylkompromiss vom 6.12.1992,
- die Änderungen durch das Zuwanderungsgesetz vom 30.7.2004,
- das Richtlinienumsetzungsgesetz vom 28.8.2007
- das Richtlinienumsetzungsgesetz vom 28.8.2013 und
- das Gesetz zu sicheren Herkunftsstaaten vom 6.11.2014.
1992 gab es u.a. folgende Änderungen:
- erkennungsdienstliche Behandlung aller Ausländer unabhängig von Zweifeln an deren Identität,
- Verkürzung der Klagefrist von einem Monat auf zwei Wochen, § 74 Abs. 1 AsylVfG,
- Einwöchige Klage- und Eilantragsfrist bei offensichtlich unbegründeten Anträgen, §§ 36, 74 AsylVfG und
- starke Einschränkung der aufschiebenden Wirkung von Klagen, § 75 AsylVfG.
Das Jahr 1993 brachte einen Kompromiss zur Änderung des Asylrechts. Das Grundgesetz wurde geändert und die Asylverfahren und die entsprechenden gerichtlichen Verfahren weiter beschleunigt. Zu nennen sind etwa Regelungen zu:
2. Zuwanderungsgesetz
Das Zuwanderungsgesetz vom 30.7.2004 trat im Januar 2005 in Kraft und brachte eine grundlegende Reform des deutschen Ausländerrechts. Der Abschiebungsschutz wurde wesentlich erweitert; auch eine politische Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure wurde anerkannt. Die Verfolgung allein aufgrund des Geschlechts konnte nunmehr eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe darstellen. Aufenthaltserlaubnisse wurden grundsätzlich befristet. Der Familienabschiebungsschutz für Ehegatten und Kinder wurde erweitert.
3. Richtlinienumsetzungsgesetze
Das Richtlinienumsetzungsgesetz vom 28.8.2007, das im August 2007 in Kraft trat, setzte elf EU-Richtlinien in deutsches Recht um. Von wesentlicher Bedeutung ist die Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie (QualfRL) und der Verfahrensrichtlinie (VRL). Verfahrensrechte der Asylbewerber wurden gestärkt.
Mit dem Richtlinienumsetzungsgesetz vom 28.8.2013 wurden Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte rechtlich in weiten Bereichen gleichgestellt. Der Asylantragsbegriff in § 13 Abs. 2 AsylVfG wurde erweitert. Mit dem Asylantrag wird nun gleichzeitig das Asylrecht und der subsidiäre Schutz beantragt. Andererseits kann subsidiärer Schutz nur noch im Rahmen eines Asylantrags geltend gemacht werden, nicht mehr isoliert bei der Ausländerbehörde. Für isolierte Anträge auf Feststellung von Abschiebungsverboten ist nunmehr die Ausländerbehörde zuständig.
4. Gesetz zu sicheren Herkunftsstaaten
Am 6.11.2014 trat in Deutschland das Gesetz zu sicheren Herkunftsstaaten in Kraft. Mitgliedstaaten der Europäischen Union, Ghana, Senegal, Serbien, die EJR Mazedonien sowie Bosnien und Herzegowina werden als sog. sichere Herkunftsstaaten eingestuft. Anträge von Personen aus den betroffenen Ländern können schneller bearbeitet und abgelehnt werden. Eine Rückführung ist innerhalb von vier Wochen ab Antragstellung möglich.
Aktuell ist noch auf das Aufnahmeverfahren für syrische Flüchtlinge hinzuweisen. Am 18.7.2014 ist eine Aufnahmeanordnung nach § 23 Abs. 2 AufenthG erlassen worden. Vorrang haben demnach syrische Flüchtlinge mit Verwandten in Deutschland. Derzeit wird auch diskutiert, ob de...