Hinsichtlich der Übertragung der elterlichen Sorge bei nicht miteinander verheirateten Eltern ist mit der Neufassung des § 1626a Abs. 2 BGB durch das Gesetz vom 16.4.2013 (BGBl I, S. 795) eine – widerlegbare – Vermutung des Vorzugs der gemeinsamen Sorge geschaffen worden. Dieses gesetzliche Leitbild ist zur Geltung zu bringen, wenn Einwände ausbleiben oder nicht überzeugen. Einer positiven Feststellung der Kindeswohldienlichkeit und dafür erforderlicher Tatsachen bedarf es nicht (s. ZAP F. 11 R, S. 928).
Nach Auffassung des OLG Brandenburg (FamRZ 2015, 1203 = NJW 2015, 2051) handelt es sich bei der gesetzlichen Änderung von einer positiven zu einer negativen Kindeswohlprüfung um eine nach § 1696 Abs. 1 S. 1 BGB zu prüfende Änderung und kommt als triftiger Grund für eine Änderung der Entscheidung in Betracht, bei der die Sorgerechtsübertragung an der positiven Kindeswohlprüfung gescheitert war.
Das OLG Brandenburg (FamRZ 2015, 1207) betont, dass die gesetzliche Vermutung eine Ablehnung des auf die gemeinsame elterliche Sorge gerichteten Antrags auch dann verbietet, wenn sich einerseits keine für die gemeinsame Sorge sprechenden Gründe ermitteln lassen, andererseits ebenso wenig Anhaltspunkte bestehen, die gegen die gemeinsame Sorge sprechen könnten. Es obliege nicht dem Antragsteller, eine durch die begehrte Entscheidung bewirkte günstige Entwicklung darzulegen, sondern der Antragsgegner habe Anhaltspunkte und eine darauf beruhende ungünstige Prognose darzulegen.
Auch das KG (FamRZ 2015, 2069) hebt hervor, dass die gemeinsame Wahrnehmung elterlicher Verantwortung eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraussetzt und ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen ihnen.
Die für die Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge zu verlangende Notwendigkeit ausreichender Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft bedeutet aber nicht, dass das gemeinsame Sorgerecht bereits dann abzulehnen wäre, wenn die Gefahr von Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen besteht, da es zur Normalität gehört, dass Eltern über Einzelfragen in der Erziehung unterschiedliche Auffassungen haben und sich mitunter erst aus Kontroversen die für das Kind beste Lösung entwickelt (OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 2168).
Hinweis:
Anhaltspunkten, die gegen eine gemeinsame Sorge sprechen könnten, hat das Gericht von Amts wegen nachzugehen.