1. Allgemeines
Viefhues befasst sich in FuR 2015, 686 und FuR 2016, 27 ausführlich und anschaulich mit dem Unterhaltsanspruch der unverheirateten Mutter nach § 1615l BGB und zeigt mit hilfreichen Hinweisen für die Praxis die zu beachtenden Besonderheiten gegenüber dem in weiten Teilen entsprechenden Betreuungsunterhalt des § 1570 Abs. 1 BGB auf.
2. Anspruchsverlängerung
Der BGH (FamRZ 2015, 1369 m. Anm. Seiler = NJW 2015, 2257 m. Anm. Graba = MDR 2015, 831 = FamRB 2015, 334 m. Hinw. Frank) erläutert lehrbuchartig die Voraussetzungen für die Verlängerung des Unterhaltsanspruchs der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes über die Regelzeit von drei Jahren hinaus (hier betr. ein behindertes Kind).
Eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs kommt gem. § 1615l Abs. 2 BGB sowohl aus kindbezogenen als auch aus elternbezogenen Gründen in Betracht solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Kindbezogene Gründe liegen beispielsweise dann vor, wenn das Kind behindert, dauerhaft krank oder schwer in seiner Entwicklung gestört und deshalb auf weitere Betreuung durch die Mutter angewiesen ist. Allerdings ist auch insoweit der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in einer für das Kind geeigneten Betreuungseinrichtung gesichert werden könnte (vgl. BGH FamRZ 2012, 1040; 2010, 802). Ob und inwieweit die Hilfe Dritter in Anspruch genommen werden kann, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen. Auch wenn das Kind eine Betreuungseinrichtung besucht, kann bei einer zu erwartenden erheblichen Anzahl von Krankheitstagen eine persönliche Betreuung sich als notwendig erweisen.
Auch wenn in § 1615l BGB die Regelung des § 1570 Abs. 2 BGB, wonach der Vertrauenstatbestand zu berücksichtigen ist, der sich aus den Nachwirkungen der Ehe ergeben kann, nicht ausdrücklich übernommen worden ist, kommen gem. § 1615l Abs. 2 S. 5 BGB auch hier elternbezogene Verlängerungsgründe in Betracht. Dies kann sich etwa dann ergeben, wenn die Eltern mit ihrem Kind zusammengelebt haben und außerdem ein besonderer Vertrauenstatbestand als Nachwirkung dieser Familie entstanden ist. Der BGH stellt jedoch klar, dass die Belastung des betreuenden Elternteils durch die Wiederaufnahme eines anlässlich der Geburt eines nichtehelichen Kindes unterbrochenen Studiums keinen elternbezogenen Grund für die Verlängerung des Betreuungsunterhalts darstellt.
Hinweis:
Ausbildungsunterhalt billigt das Gesetz der Mutter eines nichtehelichen Kindes nicht zu. Sie ist insoweit gehalten, entweder ihre Eltern auf Unterhalt in Anspruch zu nehmen oder Leistungen nach dem BAföG zu beantragen.
3. Bedarf nach der fiktiven Lebensstellung
Der BGH (FamRZ 2015, 1369 m. Anm. Seiler = MDR 2015, 831) hat seine Rechtsprechung (BGH FamRZ 2010, 357) zur Bedarfsbemessung des Betreuers eines nichtehelichen Kindes bei hypothetischen Veränderungen nach dem Zeitpunkt der Geburt des Kindes geändert.
Die Lebensstellung des nach den §§ 1615l Abs. 2, 1610 Abs. 1 BGB Unterhaltsberechtigten richtet sich zwar danach, welche Einkünfte er ohne die Geburt und die Betreuung des gemeinsamen Kindes hätte. Sie ist deshalb aber nicht auf den Zeitpunkt der Geburt festgeschrieben, so dass sich später ein höherer Bedarf ergeben kann.
Hinweis:
Für den Rechtsanwender besteht das Problem der schwierigen Darlegung, wie sich das Einkommen des Berechtigten ohne Unterbrechung der beruflichen Entwicklung durch die Geburt und der Betreuung des Kindes entwickelt hätte, da dem Berechtigten die Darlegungs-und Beweislast für die Höhe des Unterhaltsanspruchs obliegt.