(1) Anwesenheitsverhandlung
Entscheidet der Amtsrichter nicht durch Beschluss, muss aufgrund einer Hauptverhandlung durch Urteil entschieden werden. Für die Hauptverhandlung im Bußgeldverfahren gelten grundsätzlich dieselben Regeln wie für die Hauptverhandlung im Strafverfahren. An einigen Stellen ergeben sich jedoch Abweichungen, so z.B. hinsichtlich des Umfangs der Beweisaufnahme (vgl. dazu § 77a OWiG), auf die hier jedoch aus Platzgründen nicht eingegangen werden kann (vgl. dazu eingehend Burhoff, HV, Rn 1252 ff. m.w.N.).
Hinweis:
Erscheint der Betroffene unentschuldigt nicht und ist er auch nicht von seiner Anwesenheitspflicht entbunden (§ 73 Abs. 2 OWiG; s. nachfolgend), wird sein Anspruch nach § 74 Abs. 2 OWiG verworfen.
(2) Abwesenheit des Betroffenen (§§ 73, 74 Abs. 2 OWiG)
Die Anwesenheit des Betroffenen in der Hauptverhandlung richtet sich nach § 73 OWiG. Danach besteht gem. § 73 Abs. 1 OWiG die Pflicht des Betroffenen, in der Hauptverhandlung zu erscheinen (zur Anwesenheitspflicht des Betroffenen Burhoff/Stephan, OWi, Rn 2578 ff.; Burhoff VRR 2007, 250; Krumm DAR 2008, 413; Krenberger zfs 2013, 364; Fromm DAR 2013, 368). Nach § 73 Abs. 2 OWiG ist das Gericht aber verpflichtet (vgl. u.a. BayObLG DAR 2001, 371; KG VRS 113, 63; NStZ 2011, 594; KG, Beschl. v. 3.1.2017 – 3 Ws (B) 692/16; OLG Bamberg NZV 2013, 612; OLG Brandenburg VA 2016, 121; OLG Düsseldorf VA 2016, 176; OLG Dresden zfs 2003, 374; OLG Hamm zfs 2004, 584; NZV 2007, 632 = VRR 2007, 435; OLG Hamm VA 2016, 194; OLG Karlsruhe VA 2016, 176; OLG Köln NZV 2009, 52 = StraFo 2009, 76), den Betroffenen auf seinen Antrag hin von dieser Verpflichtung zu entbinden, wenn er sich zur Sache geäußert hat oder erklärt, dass er sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache äußern werde, und seine Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts nicht erforderlich ist (zu den Anforderungen an einen Entbindungsantrag Göhler/Seitz, a.a.O., § 73 Rn 6; Burhoff, HV, Rn 1228 ff. m.w.N.; Burhoff VRR 2007, 250, 253).
Hat das Gericht den Betroffenen von der Pflicht zum Erscheinen entbunden, kann er sich gem. § 73 Abs. 3 OWiG in der Hauptverhandlung durch einen schriftlich bevollmächtigten Verteidiger vertreten lassen. Erscheint der Betroffene in diesem Fall entschuldigt nicht und ist er auch nicht durch einen Verteidiger vertreten, kann das Gericht entweder die Hauptverhandlung vertagen oder aber auch das Verfahren nach § 74 Abs. 1 OWiG in Abwesenheit des Betroffenen durchführen.
Hinweis:
Ist der Betroffene nicht vom Erscheinen entbunden worden, erscheint er aber dennoch in der Hauptverhandlung nicht, kann der Antrag auf Entbindung des Betroffenen von er Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung noch zu Beginn der Hauptverhandlung nach Aufruf der Sache (§ 243 Abs. 1 S. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG) gestellt werden, solange noch nicht zur Sache verhandelt worden ist (KG VRR 2007, 116; KG, Beschl. v. 3.1.2017 – 3 Ws (B) 692/16; OLG Brandenburg zfs 2004, 235; VA 2016, 121; OLG Celle StraFo 2009, 340; OLG Düsseldorf VA 2016, 176; OLG Hamm StraFo 2006, 425; VA 2016, 194; OLG Karlsruhe VA 2016, 176; OLG Naumburg zfs 2002, 251 [Vorlage an den BGH]; zfs 2002, 595; VA 2011, 35 [Ls.]; OLG Köln NStZ-RR 2002, 114; NStZ 2002, 268; Burhoff/Stephan, OWi, Rn 2583; Burhoff VRR 2007, 250, 252; OLG Köln NStZ-RR 2002, 114; OLG Naumburg zfs 2002, 595; VRR 2011, 74; Burhoff, HV, Rn 1234 ff.; a.A. Göhler/Seitz, a.a.O., § 73 Rn 4).