Das deutsche Rechtssystem ist in der Bevölkerung weiterhin angesehen. Das ergab eine Untersuchung des Instituts für Demoskopie Allensbach, die für den Roland-Rechtsreport durchgeführt wurde. Mit dem Report wird regelmäßig die öffentliche Meinung zum deutschen Rechtssystem und zu ausgewählten rechtspolitischen Schwerpunktthemen ermittelt.
Nach der jüngsten Erhebung der Allensbacher Forscher haben 68 % der Bürger "sehr viel" oder "ziemlich viel" Vertrauen in die Gesetze, 64 % in die Gerichte. Seit vielen Jahren bewegt sich das Vertrauen hier relativ stabil auf hohem Niveau. Noch stärker vertrauen die Bürger nur der Polizei (74 %) und kleinen und mittleren Unternehmen (78 %). Trotz der insgesamt positiven Wahrnehmung schätzen 77 % der Deutschen die Gerichte als überlastet ein. Nur rund jeder Vierte ist der Meinung, dass deutsche Gerichte gewissenhaft und gründlich arbeiten und hier alles mit rechten Dingen zugeht. Stattdessen bemängeln die Bürger wie schon im Vorjahr lange Verfahren, komplizierte Gesetze und zu milde Strafen. Zudem ist die Mehrheit (58 %) davon überzeugt, dass Urteil und Strafmaß stark vom zuständigen Gericht abhängen. 66 % meinen, dass ein bekannter Anwalt die Chancen auf ein günstiges Urteil erhöht.
Vor dem Hintergrund des Dieselskandals würden 79 % der Bundesbürger die Einführung von Sammelklagen als juristisches Mittel begrüßen, lediglich 6 % wären dagegen. Hatten die Forscher den Bürgern jedoch die Nachteile von Sammelklagen vor Augen geführt – nämlich, dass u.U. eine Klageindustrie entstehen kann, an der vor allem Anwaltskanzleien verdienen – fiel das Urteil anders aus: Die Gruppe der Befürworter schrumpfte auf 63 %, während die Gruppe der Gegner auf 21 % wuchs. Diese starke Beeinflussung des Meinungsbilds durch ein einziges Argument ist den Forschern zufolge häufig ein Hinweis darauf, dass sich die Bevölkerung noch nicht besonders stark mit der entsprechenden Thematik auseinandergesetzt hat. Insofern hängt ihrer Einschätzung nach die Akzeptanz von Sammelklagen in der deutschen Bevölkerung sehr stark davon ab, wie diese Klageform in der Praxis ausgestaltet wäre.
Die Möglichkeit der Mediation ist der Studie zufolge weiten Teilen der Bevölkerung (73 %) inzwischen bekannt. Obwohl gerade Menschen mit höherer (87 %) und mittlerer (72 %) Schulbildung das Mediationsverfahren kennen, hat die Bekanntheit bei Menschen mit einfacher Schulbildung am stärksten zugenommen. Sie steigerte sich im Vergleich zur ersten Erhebung im Jahr 2010 um 18 % auf derzeit 60 %. Fast die Hälfte (49 %) der Bevölkerung denkt, dass sich durch die Mediation viele Streitigkeiten beilegen lassen. Lediglich 37 % sehen dies skeptisch. Personen, denen das Mediationsverfahren vorab bekannt war, schätzen es erfolgversprechender ein als Personen, die erst im Rahmen der Befragung davon erfahren haben.
[Quelle: Roland-Rechtsreport]