1. Allgemeines
Der Gesetzgeber hatte im Jahr 2000 in § 23 Abs. 1a StVO a.F. die Benutzung eines Mobiltelefons im Straßenverkehr unter bestimmten Bedingungen verboten und mit einem Bußgeld belegt (zur Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung BVerfG VRR 2008, 233; OLG Stuttgart NJW 2008, 3369 = DAR 2008, 654 = VRR 2008, 471). Hintergrund dieses Verbots waren die durch die Benutzung von Mobil-/Autotelefonen/Smartphones im Straßenverkehr sowohl für den Fahrzeugführer als auch für andere Verkehrsteilnehmer entstehenden Gefahren (vgl. dazu Begründung zur "33. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften" v. 11.12.2000, VBl 2001, 8). Die Anwendung der Vorschrift war nicht einfach. Das war vornehmlich darauf zurückzuführen, dass der Verordnungsgeber nicht generell das Telefonieren im Straßenverkehr verboten hatte, sondern die "Benutzung" eines Mobiltelefons. Daher ist in Rechtsprechung und Literatur von Anfang an ein heftiger Streit um den Begriff der "Benutzung" eines Mobiltelefons i.S.d. § 23 Abs. 1a StVO a.F. geführt worden (vgl. Nachw. bei Burhoff, in: Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 5. Aufl. 2017, Rn 3030 [im Folgenden kurz: Burhoff/Burhoff, OWi] und Burhoff ZAP F. 9, S. 977 ff.). Die fortschreitende technische Entwicklung mit der Erweiterung der über das bloße Telefonieren hinausgehenden Funktionen und Nutzungsmöglichkeiten des Handys/Smartphones hat diesen Streit forciert.
Im Hinblick auf diesen Streit und die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten der Mobiltelefone/Smartphones war daher seit längerem geplant, die Vorschrift zu ändern bzw. auch die Bedienung anderer technischer Geräte während der Fahrt zu erfassen (vgl. hib-Meldung Nr. 100 v. 27.2.2013; s. auch Müller/Rebler DAR 2017, 49). Eine Änderung der Vorschrift ist im Herbst 2017 erfolgt (s. wegen der Gesetzesmaterialien BR-Drucks 556/17). Nachdem ein erster Neuregelungsversuch zunächst im Sommer 2017 gescheitert war (vgl. dazu BR-Drucks 424/17), ist § 23 Abs. 1a StVO a.F. durch die "53. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften" v. 6.10.2017 (BGBl I, S. 3549) grundlegend geändert worden; zudem hat man den Bußgeldkatalog geändert. Hintergrund dieser Neuregelung sind – neben dem o.g. Streit – u.a. Untersuchungen der Unfallversicherer und der Verkehrssicherheitsverbände, die eine die Verkehrssicherheit gefährdende Ablenkungswirkung fahrfremder Tätigkeiten belegen (vgl. BR-Drucks 424/17, S. 10; zur Kritik s. Fromm MMR 2018, 68, 71).
Hinweis:
Die Neuregelung ist am 19.10.2017 in Kraft getreten. Sie erfasst also alle Verstöße ab diesem Tag. Für vorhergehende Verstöße gilt noch/weiterhin § 23 Abs. 1a StVO a.F. (eingehend dazu Burhoff ZAP F. 9, S. 977 ff.).
2. Neuregelung
Die Anzahl von Mobiltelefonen/Smartphones und anderen elektronischen Geräten ist in den letzten Jahren rasant gestiegen. Zudem verfügen die Geräte über immer vielfältiger werdende Nutzungsmöglichkeiten, die dazu führen, dass bei der Nutzung von Geräten nicht mehr nur der Aspekt des "In-der-Hand-Haltens" eine Rolle spielt, sondern ggf. auch eine zu lange Blick-Ablenkung des Fahrzeugführers vom Verkehrsgeschehen, weil er z.B. eingehende Messenger-Nachrichten liest. Dieser technischen Fortentwicklung sollte bei der Neuregelung des § 23 Abs. 1a StVO Rechnung getragen werden. Das der alten Fassung zugrunde liegende ausschließliche "hand-held-Verbot" für Auto- und Mobiltelefone ist als nicht mehr zeitgemäß angesehen worden (vgl. BR-Drucks 556/17, S. 1). Darüber hinaus haben die Erfahrungen gezeigt, dass die frühere Regelung des § 23 Abs. 1a StVO und die darauf basierenden Rechtsfolgen nicht ernst genommen wurden.
Der Gesetzgeber hat sich daher zu einer verhältnismäßig komplizierten Neuregelung entschlossen (zur Neuregelung Fromm MMR 2018, 68; ders. TranspR 2018, 45). Diese erfasst jetzt in § 23 Abs. 1a, 1b StVO alle elektronischen Geräte, die der Kommunikation, Information oder Organisation dienen oder zu dienen bestimmt sind (zu Einzelheiten s. IV., V.). Gleichzeitig soll das Risiko der zu langen Blickabwendung (vgl. dazu V. 2.) durch Verankerung technischer Zusatzausstattungen wie Sprachsteuerung, Vorlesefunktion und "head-up-Display" reduziert werden. Es handelt sich jetzt also um ein kombiniertes "hand-held-/Blickabwendungsverbot". Damit die (Neu-)Regelung ernst genommen wird, sind die Rechtsfolgen gegenüber den "Altfällen" erheblich verschärft worden (vgl. BR-Drucks 556/17, S. 13; vgl. dazu VIII.).