1. Gemeinsame Regeln
a) Mitteilung an Gegner und beteiligte Gerichte
Die frühere Verpflichtung des Abwicklers, seine Bestellung dem Gericht anzuzeigen, bei dem der ausgeschiedene Rechtsanwalt zugelassen war, ist entfallen. Für den Abwickler bestehen keine weiteren Anzeigepflichten. Die Abwicklerbestellung wird nach der Neuregelung in § 31 Abs. 3 Nr. 8 BRAO im Gesamtverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer eingetragen.
Sowohl die Gegner als auch die beteiligten Gerichte sollen jedoch im Rahmen der Mandatsfortführung über die Abwicklertätigkeit informiert werden.
b) Auskünfte an Dritte
Informationen sollten möglichst nur aufgrund schriftlicher Anfragen erfolgen und nur, nachdem die Auskunftspflicht oder -berechtigung geprüft worden ist.
Auskünfte im Rahmen der Bestellungsanzeige sind unbedenklich. Der Abwickler ist kein Hilfsorgan der Behörden.
c) Unterzeichnung im Geschäftsverkehr
Bei der Gestaltung seines Briefpapiers muss der Abwickler kenntlich machen, dass er als Abwickler handelt.
d) Anzeige der Bestellung zum Abwickler an die vorhandenen Mandanten
In einem Informationsbrief sollte der Abwickler den Mandanten mitteilen, dass er amtlich bestellt worden ist. Er soll darauf hinweisen, dass es seine Aufgabe ist, vorhandene Mandate weiterzuführen, wobei bereits gezahlte Gebühren angerechnet werden.
2. Fortführung von Mandaten
Dem Abwickler obliegt es, die schwebenden Angelegenheiten abzuwickeln (§ 55 Abs. 2 S. 1 BRAO). Zu diesem Zweck empfiehlt es sich, den aktuellen Aktenbestand des ehemaligen Kanzleiinhabers zu ermitteln (vgl. auch Ziffer 4).
a) Rechtliche Stellung des Abwicklers
Dem Abwickler stehen nur die anwaltlichen Befugnisse des Rechtsanwalts zu, dessen Kanzlei er abwickelt (§ 55 Abs. 2 S. 3 BRAO). Er gilt für die schwebenden Angelegenheiten als von der Partei bevollmächtigt, sofern diese nicht für die Wahrnehmung ihrer Rechte in anderer Weise sorgt (§ 55 Abs. 2 S. 4 BRAO).
b) Unterzeichnung im Geschäftsverkehr
Der Abwickler darf das Geschäftspapier der ausgeschiedenen Kanzlei grundsätzlich verwenden, muss aber das Ausscheiden des Rechtsanwalts in geeigneter Weise kenntlich machen und klarstellen, dass er als Abwickler handelt. Alternativ kann der Abwickler seinen eigenen Briefkopf verwenden, muss aber ebenso kenntlich machen, dass er als Abwickler handelt; z.B. kann er unter seiner Unterschrift „Rechtsanwalt XX“ den Zusatz aufnehmen „Abwickler für die Kanzlei XX“.
3. Annahme neuer Mandate
Der Abwickler ist innerhalb der ersten sechs Monate berechtigt – aber nicht verpflichtet – als Abwickler neue Aufträge anzunehmen (§ 55 Abs. 2 S. 2, 2. Hs. BRAO).
Die Abwicklung hat schnellstmöglichst zu erfolgen. Ist dies im Einzelfall innerhalb der Jahresfrist des § 55 Abs. 1 S. 4 BRAO nicht möglich, ist der Abwickler verpflichtet, sich um eine Verlängerung der Abwicklung zu bemühen. Dies sollte in Absprache mit der Rechtsanwaltskammer geschehen.
4. Abgeschlossene Mandate
Akten können im Interesse der Anwaltschaft und des Datenschutzes aufgrund der gegenüber den Mandaten bestehenden zivil- und strafrechtlichen (§ 203 StGB) Pflicht zur Verschwiegenheit und Geheimhaltung nicht einfach vernichtet oder beliebig Dritten überlassen werden.
Akten, die noch keine sechs Jahre alt sind, können entweder gem. § 50 Abs. 2 S. 3 BRAO entsorgt oder nach Ablauf der 6-Jahresfrist vernichtet werden. Für die Aufbewahrung der Altakten ist der Abwickler selbst nicht verantwortlich. Diese Pflicht trifft den Anwalt, dessen Kanzlei abgewickelt wird oder dessen Erben.
Die Verschwiegenheitspflicht des Abwicklers geht auf die Erben über (§§ 55 BRAO, 203 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 StGB).
5. Gebühren
Der Abwickler wird für Rechnung des Ausgeschiedenen tätig (§ 55 Abs. 3 S. 1 BRAO). Er ist berechtigt, jedoch außer im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens nicht verpflichtet, Kostenforderungen des früheren Rechtsanwalts im eigenen Namen für dessen oder für Rechnung der Erben geltend zu machen (§ 55 Abs. 3 S. 2 BRAO).
Es empfiehlt sich, zur Sicherung der eigenen Vergütung Kostenforderungen des Ausgeschiedenen geltend zu machen, einzuziehen und auf einem Anderkonto zu sammeln.