Ursprünglich diente das Schriftformerfordernis nur dem Erwerberschutz. Der in den Mietvertrag gem. § 566 BGB eintretende Erwerber sollte sich über alle Abreden, in die er eintrat, informieren können. Inzwischen hat der BGH und hier insbesondere der XII. Senat aber auch weitere Schutzzwecke, insbesondere über die Warn- und Beweisfunktion, für die jeweiligen Vertragspartner anerkannt. Da der Wirksamkeit einer Befristung gerade in der Gewerberaummiete eine hohe wirtschaftliche Bedeutung zukommt, versuchen die Vertragspartner schon seit Jahren, eventuellen Schriftformmängeln nicht sofort die Kündbarkeit folgen zu lassen. Dazu wurden in der Vergangenheit meist Schriftformheilungsklauseln wie
Zitat
"Die Parteien verpflichten sich gegenseitig, (...) jederzeit alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem gesetzlichen Schriftformerfordernis gem. § 550 BGB, insbesondere im Zusammenhang mit dem Abschluss dieses Nachtrags sowie weiteren Nachträgen, Genüge zu tun, und bis dahin den Mietvertrag nicht unter Berufung auf die Nichteinhaltung der Schriftform vorzeitig zu kündigen."
oder Ähnliches vereinbart. Bereits in der Vergangenheit hatte der XII. Senat entschieden, dass eine solche Klausel mit § 550 BGB insofern nicht vereinbar ist, als sie einen Erwerber (BGHZ 200, 98 = NJW 2014, 1087 = MietPrax-AK § 550 BGB Nr. 36 m. Anm. Eisenschmid; Dittert jurisPR-MietR 9/2014 Anm. 4; Streyl NZM 2015, 28; Emmerich JuS 2014, 239) oder einen in den Mietvertrag eintretenden Nießbrauchsberechtigten (BGH NJW 2014, 2102 = MietPrax-AK § 550 BGB Nr. 38 m. Anm. Eisenschmid; Bieber GE 2014, 842; Schmid MietRB 2014, 231; Lammel jurisPR-MietR 16/2014 Anm. 3; Streyl NZM 2015, 28; El-Ishmawi BB 2014, 1806) aufgrund dieser Klausel verpflichten könnte, von einer ordentlichen Kündigung wegen eines nicht aus seiner Vertragszeit stammenden Schriftformmangels Abstand zu nehmen. Damals war jeweils offengeblieben, ob eine solche Schriftformheilungsklausel auch die ursprünglichen Vertragspartner an einer Kündigung gem. § 550 BGB hindert.
Das hat der Senat in Fortentwicklung seiner Rechtsprechung jetzt aber auch so für die ursprünglichen Vertragspartner so gesehen. Schriftformheilungsklauseln sind mit der nicht abdingbaren Vorschrift des § 550 BGB unvereinbar und daher unwirksam. Sie können deshalb für sich genommen eine Vertragspartei nicht daran hindern, einen Mietvertrag unter Berufung auf einen Schriftformmangel ordentlich zu kündigen (BGH MDR 2017, 1351 = GE 2017, 1397 = NJW 2017, 3772 = ZfIR 2018, 10 = NZM 2018, 38 = ZMR 2018, 30 = DWW 2018, 14 = MietPrax-AK § 550 BGB Nr. 44 m. Anm. Eisenschmid; Sommer MietRB 2017, 341/342; Börstinghaus jurisPR-BGHZivilR 23/2017 Anm. 1; Bieber GE 2017, 1377; Janssen BB 2017, 2766; Mummenhoff jurisPR-MietR 2/2018 Anm. 5; Burbulla MDR 2018, 68; Drasdo NJW-Spezial 2018, 34; Einsele LMK 2018, 401890). Mit der Frage, wie nun weiter zu verfahren ist, beschäftigen sich Lindner-Figura/Reuter (NJW 2018, 897).
Hinweis:
Unabhängig von der Vereinbarung einer Schriftformheilungsklausel kann es gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn eine Mietvertragspartei eine nachträglich getroffene Abrede, die lediglich ihr vorteilhaft ist, allein deshalb, weil sie nicht die schriftliche Form wahrt, zum Anlass nimmt, sich von einem ihr inzwischen lästig gewordenen langfristigen Mietvertrag zu lösen.