1. Identität zwischen Vermieter und Verkäufer
Verträge werden grundsätzlich zwischen zwei oder mehr Personen geschlossen und entwickeln nur relative Rechte zwischen diesen Personen. So wäre es eigentlich auch im Mietrecht mit der Folge, dass ein Eigentumswechsel auf Vermieterseite zwar nicht das Mietverhältnis zwischen Mieter und veräußerndem Vermieter beeinflussen würde, aber dem Mieter auch keine Rechte, insbesondere keine Besitzrechte gegen den Erwerber geben würde. Dieser Grundsatz "Kauf bricht Miete" entsprach bis Ende des vorletzten Jahrhunderts dem geltenden Recht. Erst während der Beratung über das BGB haben sich Auffassungen durchgesetzt, die eine Verdinglichung der Miete forderten. Der 19. Deutsche Juristentag (djt) 1888 empfahl, in das Bürgerliche Gesetzbuch für den Fall der freiwilligen Übereignung einer Sache, die dem Mieter oder Pächter bereits vorher überlassen war, den Grundsatz "Kauf bricht nicht Miete" aufzunehmen. Nationale, sozialpolitische, wirtschaftliche wie auch juristische Gründe sprachen für diese Entscheidung. Durch diesen Paradigmenwechsel sollte das BGB mit einem "Tropfen socialpolitischen Öls" gesalbt werden (so H. Brunner als Berichterstatter des 19. djt am 13.9.1888 zit. nach Hattenhauer, Verdinglichung der Miete – Bricht Miete Kauf?, in: GS für Sonnenschein, 2003, S. 153, 177). So kam § 571 BGB a.F. ins BGB und führte eine Quasi-Verdinglichung der Miete ein. Die Nachfolgeregelung in § 566 BGB gilt gem. § 578 Abs. 1 BGB ebenso für die Grundstücksmiete, gem. § 578 Abs. 2 BGB für die Gewerberaummiete, gem. § 581 Abs. 2 BGB für die Landpacht, gem. § 14 BJagdG für die Jagdpacht und nach Art. 69 EGBGB und den maßgeblichen Landesgesetzen für die Fischereipacht. Gemäß § 57 ZVG ist die Vorschrift auch in Fällen der Zwangsversteigerung anwendbar.
Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist Voraussetzung für die Rechtsfolge, dass "der Vermieter veräußert". Dies wird als Identität bezeichnet. Seit Jahrzehnten war strittig, ob die Vorschrift auch gilt oder zumindest analog anzuwenden ist, wenn es an dieser Identität fehlt. Der für die Gewerberaummiete zuständige XII. Senat des BGH hat diese Frage nun für eine in der Praxis besonders häufig vorkommende Fallkonstellation entschieden. Nach seiner Auffassung ist – bei fehlender Identität zwischen Vermieter und Veräußerer – § 566 Abs. 1 BGB zwar nicht unmittelbar, aber zumindest entsprechend anwendbar, wenn die Vermietung des veräußerten Grundstücks mit Zustimmung und im alleinigen wirtschaftlichen Interesse des Eigentümers erfolgt und der Vermieter kein eigenes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses hat (BGH GE 2017, 1086 = MDR 2017, 1234 = ZMR 2017, 968 = ZfIR 2017, 729 = MietPrax-AK § 566 BGB Nr. 18 m. Anm. Börstinghaus; ders. LMK 2017, 394782; ders. jurisPR-BGHZivilR 18/2017 Anm. 2; Burbulla MietRB 2017, 285; Lammel jurisPR-MietR 20/2017 Anm. 3; Drasdo NJW-Spezial 2017, 610).
Praxishinweise:
- Die Entscheidung ist zur Gewerberaummiete ergangen. Sie dürfte aber uneingeschränkt auf die Wohnraummiete übertragbar sein.
- In der Wohnraummiete erfolgt die Vermietung manchmal durch die beauftragte Hausverwaltung oder durch einen Ehegatten. Auch diese Verträge gehen analog § 566 BGB auf den Erwerber über.
- Dies gilt aber nur für den Mietvertrag. Alle im Zusammenhang mit der Verwaltung der Immobilie stehenden Verträge, wie z.B. der Hausverwalter- oder Hausmeistervertrag oder Verträge mit Gärtnern oder Heizkostenabrechnern, gehen nicht über. Hier müssen jeweils Kündigungen oder Vertragsübernahmen erfolgen.
2. Wirksamkeit der Übereignung
Der Übergang des Mietvertrags setzt gem. § 566 BGB voraus, dass der Erwerber auch wirklich Eigentümer des Grundstücks geworden ist. Das bedeutet, dass es für die Auflassung des Grundstücks und damit für den für § 566 BGB erforderlichen Eigentumsübergang darauf ankommt, ob der frühere Eigentümer zu diesem Zeitpunkt geschäftsfähig war (BGH ZfIR 2017, 852 = MietPrax-AK § 566 BGB Nr. 19 m. Anm. Börstinghaus).