a) Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Todesfalls beendet
Problematisch ist jedoch, was mit noch nicht in natura genommenen Urlaubsansprüchen passiert, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers beendet wird. Grundsätzlich gilt, dass das gesamte Vermögen der verstorbenen Person auf den bzw. die Erben übergeht (sog. Gesamtrechtsnachfolge). Dies schließt bereits vom verstorbenen Arbeitnehmer erworbene Ansprüche auf Abgeltung von Urlaubsansprüchen mit ein. Das BAG hatte folglich in den Fällen, in denen das Arbeitsverhältnis, z.B. durch eine Kündigung oder einen Aufhebungsvertrag, bereits beendet war, als der Arbeitnehmer verstarb, einen Übergang des Urlaubsabgeltungsanspruchs auf die Erben anerkannt. Nach der Aufgabe der sog. Surrogationstheorie (BAG, Urt. v. 19.6.2012 – 9 AZR 652/10, NZA 2012, 1087) sah das BAG in dem Abgeltungsanspruch nicht mehr ein Surrogat des Urlaubsanspruchs, sondern einen reinen Geldanspruch, der im Wege der Universalsukzession gem. § 1922 BGB auf die Erben des Arbeitnehmers übergehen kann. In der beschriebenen Konstellation, dass das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Todesfalls schon beendet ist, ist der Urlaubsabgeltungsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstanden und geht als Bestandteil des Gesamtvermögens des Verstorbenen auf die Erben über (BAG, Urt. v. 22.9.2015 – 9 AZR 170/14, NZA 2016, 37).
b) Bestehendes Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Todes
Anders entschied das BAG bislang in Bezug auf den Urlaubsanspruch des verstorbenen Arbeitnehmers. Aufgrund der Rechtsnatur des Urlaubs – Freistellung von der höchstpersönlichen Arbeitsverpflichtung – ging das BAG lange Zeit davon aus, dass der zum Zeitpunkt des Todes (noch) bestehende Urlaubsanspruch untergehe, weil mit dem Tod des Arbeitnehmers die Verpflichtung zur Arbeit unter- und nicht auf die Erben übergehe (BAG, Urt. v. 20.9.2011 – 9 AZR 416/10, NZA 2012, 326). Erben könnten nicht von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt werden. Konsequenterweise konnte bei dieser Betrachtung auch kein Abgeltungsanspruch der Erben entstehen. Dies beruhe auf dem Umstand, dass der Zeitpunkt des Versterbens wenigstens um eine logische Sekunde vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses liege und damit in dem Zeitpunkt, der für den Übergang der Erbmasse auf die Erben relevant ist, de facto kein Urlaubsabgeltungsanspruch bestehe. Bestandteil der Erbmasse war danach "lediglich" der Anspruch des verstorbenen Arbeitnehmers auf Gewährung von bezahltem Urlaub, das heißt Befreiung von der Arbeitspflicht unter Zahlung der Urlaubsvergütung.
Bereits durch die Entscheidung des EuGH in Sachen "Bollacke" (EuGH, Urt. v. 12.6.2014 – C-118/13, NZA 2014, 651) wurde diese Rechtsprechung jedoch aufgebrochen. In diesem Fall verstarb der Arbeitnehmer während des laufenden Arbeitsverhältnisses und besaß noch offene Urlaubsansprüche (nicht: Urlaubsabgeltungsansprüche!). Nach dem Urteil des EuGH geht auch in dieser Konstellation der Urlaubsanspruch des verstorbenen Arbeitnehmers auf die Erben über. Der EuGH wies insbesondere darauf hin, dass der einschlägige Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) nicht dahin ausgelegt werden könne, dass der Anspruch durch den Tod des Arbeitnehmers untergehe. Der EuGH urteilte, der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub sei ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Europäischen Union, von dem nicht abgewichen werden dürfe. Es könne nicht entscheidend sein, ob der Verstorbene bereits bei seinem Arbeitgeber einen Antrag auf Abgeltung gestellt habe.
Das BAG legte sodann dem EuGH die Frage vor, ob Art. 7 der Richtlinie 2003/88 oder Art. 31 Abs. 2 der Charta dem Erben eines während des Arbeitsverhältnisses verstorbenen Arbeitnehmers einen Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich für den dem Arbeitnehmer vor seinem Tod zustehenden Mindestjahresurlaub einräume, was nach § 7 Abs. 4 BUrlG i.V.m. § 1922 Abs. 1 BGB ausgeschlossen sei. Diese Frage bejahte der EuGH in den Sachen "Bauer" und "Willmeroth" mit den Urteilen vom 6.11.2018 (C-569/16, "Bauer" und C-570/16, "Willmeroth", ZAP EN-Nr. 643/2018 = NZA 2018, 1467). Der EuGH führte aus, dass die entsprechenden nationalen Regelungen entweder richtlinienkonform ausgelegt werden oder aber für den Fall, dass dies nicht möglich sei, unangewendet bleiben müssen. Er bekräftigte erneut, dass der Urlaubsanspruch zwei gleichgewichtige Komponenten beinhalte – zum einen die Befreiung von der Arbeitspflicht zwecks Erholung und Entspannung des Arbeitnehmers und zum anderen die Bezahlung auf der anderen Seite. Im Falle des Todes des Arbeitnehmers während der Fortdauer des Arbeitsverhältnisses gehe nur der erste Teil unter, der zweite bleibe jedoch bestehen. Voraussetzung für den Zahlungsanspruch sei lediglich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und das Bestehen der Urlaubsansprüche zu diesem Zeitpunkt. Die Ursache der Beendigung sei dagegen unerheblich.
Ausgehend von dieser Rechtsprechung des EuGH hat sich nunmehr das BAG in seinem Urt. v. 22.1.2019 (9 AZR 45/16, bislang nur als Pressemitteilung 1/19 vorliegend) entschieden, das deutsche Urlaubsrecht unionsgere...