Anders entschied das BAG bislang in Bezug auf den Urlaubsanspruch des verstorbenen Arbeitnehmers. Aufgrund der Rechtsnatur des Urlaubs – Freistellung von der höchstpersönlichen Arbeitsverpflichtung – ging das BAG lange Zeit davon aus, dass der zum Zeitpunkt des Todes (noch) bestehende Urlaubsanspruch untergehe, weil mit dem Tod des Arbeitnehmers die Verpflichtung zur Arbeit unter- und nicht auf die Erben übergehe (BAG, Urt. v. 20.9.2011 – 9 AZR 416/10, NZA 2012, 326). Erben könnten nicht von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt werden. Konsequenterweise konnte bei dieser Betrachtung auch kein Abgeltungsanspruch der Erben entstehen. Dies beruhe auf dem Umstand, dass der Zeitpunkt des Versterbens wenigstens um eine logische Sekunde vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses liege und damit in dem Zeitpunkt, der für den Übergang der Erbmasse auf die Erben relevant ist, de facto kein Urlaubsabgeltungsanspruch bestehe. Bestandteil der Erbmasse war danach "lediglich" der Anspruch des verstorbenen Arbeitnehmers auf Gewährung von bezahltem Urlaub, das heißt Befreiung von der Arbeitspflicht unter Zahlung der Urlaubsvergütung.
Bereits durch die Entscheidung des EuGH in Sachen "Bollacke" (EuGH, Urt. v. 12.6.2014 – C-118/13, NZA 2014, 651) wurde diese Rechtsprechung jedoch aufgebrochen. In diesem Fall verstarb der Arbeitnehmer während des laufenden Arbeitsverhältnisses und besaß noch offene Urlaubsansprüche (nicht: Urlaubsabgeltungsansprüche!). Nach dem Urteil des EuGH geht auch in dieser Konstellation der Urlaubsanspruch des verstorbenen Arbeitnehmers auf die Erben über. Der EuGH wies insbesondere darauf hin, dass der einschlägige Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) nicht dahin ausgelegt werden könne, dass der Anspruch durch den Tod des Arbeitnehmers untergehe. Der EuGH urteilte, der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub sei ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Europäischen Union, von dem nicht abgewichen werden dürfe. Es könne nicht entscheidend sein, ob der Verstorbene bereits bei seinem Arbeitgeber einen Antrag auf Abgeltung gestellt habe.
Das BAG legte sodann dem EuGH die Frage vor, ob Art. 7 der Richtlinie 2003/88 oder Art. 31 Abs. 2 der Charta dem Erben eines während des Arbeitsverhältnisses verstorbenen Arbeitnehmers einen Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich für den dem Arbeitnehmer vor seinem Tod zustehenden Mindestjahresurlaub einräume, was nach § 7 Abs. 4 BUrlG i.V.m. § 1922 Abs. 1 BGB ausgeschlossen sei. Diese Frage bejahte der EuGH in den Sachen "Bauer" und "Willmeroth" mit den Urteilen vom 6.11.2018 (C-569/16, "Bauer" und C-570/16, "Willmeroth", ZAP EN-Nr. 643/2018 = NZA 2018, 1467). Der EuGH führte aus, dass die entsprechenden nationalen Regelungen entweder richtlinienkonform ausgelegt werden oder aber für den Fall, dass dies nicht möglich sei, unangewendet bleiben müssen. Er bekräftigte erneut, dass der Urlaubsanspruch zwei gleichgewichtige Komponenten beinhalte – zum einen die Befreiung von der Arbeitspflicht zwecks Erholung und Entspannung des Arbeitnehmers und zum anderen die Bezahlung auf der anderen Seite. Im Falle des Todes des Arbeitnehmers während der Fortdauer des Arbeitsverhältnisses gehe nur der erste Teil unter, der zweite bleibe jedoch bestehen. Voraussetzung für den Zahlungsanspruch sei lediglich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und das Bestehen der Urlaubsansprüche zu diesem Zeitpunkt. Die Ursache der Beendigung sei dagegen unerheblich.
Ausgehend von dieser Rechtsprechung des EuGH hat sich nunmehr das BAG in seinem Urt. v. 22.1.2019 (9 AZR 45/16, bislang nur als Pressemitteilung 1/19 vorliegend) entschieden, das deutsche Urlaubsrecht unionsgerecht auszulegen. Die nach dem europäischen Unionsrecht gebotene Auslegung der §§ 1, 7 Abs. 4 BUrlG ergebe, dass der Resturlaub auch dann abzugelten sei, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers ende. Der EuGH habe entschieden, dass der durch Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG gewährleistete Anspruch auf bezahlten Mindestjahresurlaub nicht mit dem Tod des Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis untergehen dürfe, ohne dass ein Anspruch auf finanzielle Vergütung für diesen Urlaub bestehe, der im Wege der Erbfolge auf den Rechtsnachfolger des Arbeitnehmers überzugehen hat. Daraus folge für die richtlinienkonforme Auslegung von §§ 1, 7 Abs. 4 BUrlG, dass die Vergütungskomponente des Anspruchs auf den vor dem Tod nicht mehr genommenen Jahresurlaub als Bestandteil des Vermögens Teil der Erbmasse werde.
Folglich ist zukünftig bei einem Versterben des Arbeitnehmers der nicht genommene Urlaub – wie bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag – durch Zahlung an den oder die Erben abzugelten. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass infolge der weiteren aktuellen Entscheidungen des EuGH bzw. des BAG zur Frage des Urlaubsverfalls ohne Urlaubsantrag und bei länger andauernder Erkrankung des (später versterbenden) Arbeitnehmers das Erbe mit Blick au...