6.1 Bechteler/Raue, Zivilprozess für Anfänger, 1. Aufl. 2020, C.H. Beck, 291 S., 45 EUR
Das hier vorzustellende Werk füllt eine Lücke in der prozessrechtlichen Ausbildungsliteratur: Es behandelt den Zivilprozess weder aus einer dogmatischen Perspektive, wie die klassischen Lehrbücher für Studierende, noch handelt es sich um Ausbildungsliteratur für das Referendariat, und auch nicht um ein reines Formularbuch für die Praxis. Vielmehr wendet sich das Werk gezielt an Berufseinsteiger als Rechtsanwälte, die zum ersten Mal gewissermaßen „auf eigenen Beinen stehend” Zivilprozesse führen. Es enthält eine ausgewogene Mischung aus erläuternden Texten, Checklisten und Formulierungsvorschlägen. Beide Autoren sind als erfahrene Litigation-Experten in einer Großkanzlei tätig. Dadurch ist sichergestellt, dass die Inhalte des Werks unmittelbar in der Praxis verwertbar sind und genau die Themen adressieren, die Berufsanfängern erfahrungsgemäß immer wieder Schwierigkeiten bereiten. Inhaltlich orientiert sich das Werk am tatsächlichen Ablauf eines Zivilprozesses, beginnend mit der außergerichtlichen Tätigkeit, die so praxisrelevante Fragen wie die Recherche nach den ladungsfähigen Anschriften der Beklagtenparteien, deren „Solvenz” und die Auswahl des zuständigen Gerichts umfasst. Es folgen Darlegungen und Formulierungsvorschläge für das Verfahren in 1. und 2. Instanz sowie ein kurzer Abriss über das Revisionsverfahren aus Sicht des begleitenden Instanzanwalts sowie zum einstweiligen Rechtsschutz, zum Urkundenprozess und dem Mahnverfahren. Alle Darlegungen widmen sich spezifisch der anwaltlichen Perspektive und sparen nicht mit praxisrelevanten Tipps, Checklisten und hilfreichen Formulierungsvorschlägen. Das Werk ist für Einsteiger im Anwaltsberuf unbedingt zu empfehlen, aber auch für alle anderen Rechtsanwälte, die nur gelegentlich Zivilprozesse führen und ihre praktischen Kenntnisse auffrischen wollen, hervorragend geeignet.
Prof. Dr. Thomas Riehm, Passau
6.2 Duve/Eidenmüller/Hacke/Fries, Mediation in der Wirtschaft. Wege zum professionellen Konfliktmanagement, 3. Aufl. 2019, Verlag Dr. Otto Schmidt, 400 S., 49,80 EUR
Das Autorenquartett hat vor allen Dingen das Ziel, die Lesenden mit der Methode und dem Potenzial der Mediation als Instrument eines effektiven Konfliktmanagements bei Streitigkeiten in und zwischen Unternehmen vertraut zu machen. Zunächst möchte man meinen, dass der Adressatenkreis damit auf im Wirtschaftsrecht tätige Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte oder Berater beschränkt sei. Dies ist jedoch mitnichten der Fall. Denn das in drei Teile gegliederte Werk sollte an sich für alle mit Konflikten befassten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte von Interesse sein. So werden die Ursachen und Folgen von Konflikten, insb. der Konfliktverlauf, aufgefächert und veranschaulicht. Die Methode der Mediation wird griffig erklärt, zudem praxisgerecht mit dem im Anhang befindlichen Beispiel für die Eröffnungsworte begleitet. Besonders interessant dürfte auch sein, dass die Autoren eine Checkliste zur Organisation eines Mediationsverfahrens einerseits und andererseits zum Anforderungsprofil an einen Mediator oder Mediatorin eingestellt haben, um dieses Werkzeug der Konfliktbeilegung auch in die Beratungspraxis einzubringen. Das Buch begleitet eine Anzahl von Beispielen, die die Wirksamkeit der Mediation darstellen können (für eine Berlinerin natürlich besonders interessant: Flughafen Berlin-Brandenburg International, Beispiel 11, S. 174). Dass die Autoren sämtlich wissenschaftlich in der Konfliktforschung und praktisch mit der Mediation aktiv sind, lässt sich zwanglos am Literaturverzeichnis ablesen wie auch dem umfassenden Fußnotenapparat. Hierbei ist erfreulich, dass der Lesefluss des Buchteils durch die Fußnoten nicht unterbrochen wird, sondern eine kompakte Darstellung mit Zusammenfassungen am Kapitelende gelingt. So ist das umfassende Buch auch eine Fundgrube für Mediatoren, die schon mit den Beispielen ihre Perspektiven weiten und auf den aktuellen Stand der Konfliktforschung gebracht werden. Der interdisziplinäre Blick auf psychologische Hintergründe und Wirkmechanismen ist gelungen. Dieses Buch ist für alle (!) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ein „must read”. Denn es wird in der täglichen Beratungs- und Anwaltspraxis eine entscheidende Veränderung bewirken, verstärken, jedenfalls manifestieren – wenn es um Kommunikation und Konflikte geht.
RAin und FAin für Straf- und Verkehrsrecht, zert. Mediatorin/Coach Gesine Reisert, Berlin