Mieter erhalten für diese Monate kein Leistungsverweigerungsrecht nach Art. 240 § 1 EGBGB. Sie bleiben nach allgemeinen Grundsätzen zur Leistung verpflichtet. Sie können grds. in Verzug geraten, wobei dies gem. § 286 Abs. 4 BGB dann nicht der Fall ist, wenn dies aufgrund eines Umstands geschieht, den sie nicht zu vertreten haben. Ob in der augenblicklichen Situation der Grundsatz "Geld hat man zu haben" tatsächlich uneingeschränkt weiter gilt, darf ernsthaft bezweifelt werden.
Das bedeutet, dass in den Fällen, in denen der Wohn- oder Geschäftsraummieter die im Zeitraum vom 1.4.2020 bis 30.6.2020 fällige Miete ganz oder teilweise nicht zahlt, der Vermieter das Mietverhältnis wegen dieser Rückstände nicht kündigen darf, wenn diese auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen. Derartige Mietrückstände stellen zunächst keinen wichtigen Grund zur außerordentlichen fristlosen Kündigung gem. § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB dar. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 19/18110) bedeutet der Zahlungsrückstand für Mieten für diese Monate auch keine schuldhafte Pflichtverletzung gem. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Hinweis:
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Die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses allein aufgrund solcher Mietrückstände ist deshalb ausgeschlossen. |
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Strittig könnte sein, ob die Kündigung dann möglich ist, wenn der Kündigungsgrund sich aus einer Addition rückständiger Mieten aus der Zeit vor dem 1.4.2020 und Mieten aus der Zeit vom 1.4. bis 30.6.2020 ergibt. Der Wortlaut "allein" könnte dafür sprechen. Sinn und Zweck der Regelung sprechen aber dafür, diese Mieten bei der Rückstandsberechnung gar nicht zu berücksichtigen, sodass |
- eine Kündigung auch nach dem 1.4.2020 möglich ist, wenn sie ausschließlich mit Rückständen begründet wird, die bis zum 31.3.2020 entstanden sind.
- eine Kündigung nicht möglich ist, wenn entweder nur im März und April 2020 ein Rückstand von mehr als einer Monatsmiete entstanden ist oder in den Monaten vor dem 1.4.2020 zusammen mit den Mieten für April bis Juni 2020 ein Rückstand von mindestens 2 Monatsmieten aufgelaufen ist. Gleiches gilt für Rückstände ab dem 1.7.2020.
Strittig ist, ob gar kein Kündigungsgrund besteht oder ob die Kündigung erst später erklärt werden darf. Nach hier vertretener Auffassung wollte der Gesetzgerber den Kündigungsgrund erst gar nicht entstehen lassen.
Gemäß Art. 240 § 2 Abs. 4 EGBGB ist der Kündigungsausschluss gem. Art. 240 § 2 S. 1 EGBGB nur bis zum 30.6.2022 anwendbar. Dies bedeutet, dass wegen Zahlungsrückständen, die vom 1.4.2020 bis zum 30.6.2020 eingetreten und bis zum 30.6.2022 nicht ausgeglichen sind, nach diesem Tag wieder gekündigt werden kann. Damit haben Mieter vom 30.6.2020 an über zwei Jahre Zeit, einen zur Kündigung berechtigenden Mietrückstand auszugleichen. Ist der Rückstand bis zum 30.6.2022 vollständig ausgeglichen (BGH NZM 2016, 765 = GE 2016, 1272 = MDR 2016, 1257 = NJW 2016, 3437 = WuM 2016, 658 = DWW 2016, 330 = ZMR 2017, 30 = MietPrax-AK § 543 BGB Nr. 42 m. Anm. Börstinghaus; Börstinghaus, jurisPR-BGHZivilR 18/2016 Anm. 4; Kappus, NZM 2016, 766; Schach, GE 2016, 1242; Abramenko, MietRB 2016, 312; Schach, jurisPR-MietR 24/2016 Anm. 3), kann der Vermieter gem. § 543 Abs. 2 S. 2 BGB nicht mehr kündigen.
In allen Fällen ist die Kündigung aber nur dann ausgeschlossen, wenn die Nichtleistung des Mieters auf der Ausbreitung der COVID-19-Pandemie beruht. Beruht die Nichtleistung des Mieters auf anderen Gründen, z.B., weil er zahlungsunwillig ist oder seine Zahlungsunfähigkeit andere Ursachen als die COVID-19-Pandemie hat, ist die Kündigung hingegen nicht ausgeschlossen. Dies ergibt sich aus Art. 240 § 2 S. 3 EGBGB.
Der Vermieter kann die Kündigung auch aus sonstigen Gründen erklären, etwa wegen Vertragsverletzungen anderer Art, beispielsweise wegen unbefugter Überlassung der Mietsache an Dritte oder wegen Eigenbedarfs.